Studie zu Übergewicht: "Gesunde Körper in allen Formen": Forscher erklärt, warum Fitness wichtiger als Abnehmen ist

US-Forscher raten Übergewichtigen, sich beim Blick auf ihre Gesundheit nicht so sehr aufs Abnehmen zu konzentrieren. Was mehr zähle, sei die auf Fitness im Allgemeinen

Die Welt wird immer dicker, Übergewicht und Fettleibigkeit nehmen rund um den Globus zu. Gleichzeitig versuchen sich immer mehr Menschen an Diäten und anderen Maßnahmen, um Gewicht zu verlieren. Wer auf diese Weise seine Gesundheit verbessern und sein Sterblichkeitsrisiko senken will, sollte sich allerdings eher darauf konzentrieren, fitter und aktiver zu werden, anstatt abzunehmen.

Das legen zumindest die Ergebnisse einer Meta-Analyse nahe, die im Fachblatt „iScience“ veröffentlicht wurde. Die Autoren schreiben darin, dass ein solcher „gewichtsneutraler Ansatz“ nicht nur bei der Behandlung von Krankheiten helfe, die mit überflüssigen Pfunden zusammenhängen, sondern auch die Gesundheitsrisiken verringere, die mit Jo-Jo-Diäten einhergehen.

Sind alleKaloriengleich?

18 Prozent der Erwachsenen in Deutschland gelten als fettleibig

In den vergangenen Jahrzehnten haben Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) in vielen Ländern der Erde zugenommen. So berichteten etwa Wissenschaftler im „New England Journal of Medicine“, dass sich der Anteil adipöser Menschen von 1980 bis 2015 in mehr als 70 Ländern verdoppelt habe. In Deutschland sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) knapp 29 Prozent der Frauen und gut 43 Prozent der Männer übergewichtig, 18 Prozent der Erwachsenen in Deutschland weisen darüber hinaus eine Adipositas auf, sie gelten also als fettleibig.

Die Zahlen stammen von 2017 und dürften sich durch die Corona-Pandemie laut einer Studie der Technischen Universität München noch einmal erhöht haben. Gerade Fettleibigkeit steigert das Risiko für bestimmte chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einzelne Krebsarten und geht zudem mit einem höheren Risiko einher, frühzeitig zu sterben.

Um diese gesundheitlichen Gefahren zu minimieren, steht für die meisten Betroffenen im Fokus, Gewicht zu verlieren. Dabei könnte ein „gewichtsneutraler Ansatz“ wesentlich effektiver sein, sind die Autoren der Überblicksstudie in „iScience“ überzeugt.

„Wir sind nicht unbedingt gegen die Gewichtsabnahme“

Die Forscher der Arizona State University und der University of Virginia haben Studien gesammelt, die sich mit der Verringerung des Sterblichkeitsrisikos in Verbindung mit einer Gewichtsabnahme im Vergleich zu einer Steigerung der körperlichen Aktivität oder der kardiorespiratorischen Fitness befassen. Ihr Fazit: Das Sterberisiko werde durch eine gesteigerte Fitness und mehr körperliche Aktivität stärker gesenkt als durch eine absichtliche Gewichtsabnahme.

Hier seien zwar noch große, randomisierte, kontrollierte klinische Studien nötig, um die Effektivität eines solchen Ansatzes restlos belegen zu können. Die Assoziationen, die sich in ihrer Meta-Analyse gezeigt hätten, wiesen indes in eine eindeutige Richtung. Jene Analyse habe zudem ergeben, dass die meisten kardiometabolischen Risikomarker, die mit Adipositas in Verbindung gebracht werden, durch Bewegungstraining unabhängig von einer Gewichtsabnahme verbessert werden könnten, und zwar in einer ähnlichen Größenordnung wie bei Gewichtsreduktionsprogrammen.

„Wir möchten, dass die Menschen wissen, dass fett fit sein kann und dass es fitte und gesunde Körper in allen Formen und Größen gibt“, betont Autor und Mediziner Glenn Gaesser in einer Mitteilung. Eine solche Perspektive habe es in einer gewichtsbesessenen Kultur vermutlich schwer: „Wir sind nicht unbedingt gegen die Gewichtsabnahme, wir sind nur der Meinung, dass sie nicht das Hauptkriterium für die Beurteilung des Erfolgs eines Interventionsprogramms für gesunden Lebensstil sein sollte.“

Mitautor Siddhartha Angadi von der University of Virginia ergänzt, dass dies besonders mit Blick auf die physiologischen Gegebenheiten der Fettleibigkeit wichtig sei: „Das Körpergewicht ist ein stark vererbbares Merkmal und eine Gewichtsabnahme mit erheblichen Stoffwechselveränderungen verbunden, die letztlich die Aufrechterhaltung der Gewichtsabnahme vereiteln.“

Die Macht der Muskeln – 121383471

Negative Folgen des sogenannten Jo-Jo-Effekts

Die Forscher sprechen damit auch die negativen Folgen des sogenannten Jo-Jo-Effekts an, also der unerwünschten schnellen Zunahme nach erfolgreichen Diäten. Dieser Effekt steht den Autoren zufolge unter anderem mit Muskelschwund, Fettleber und Diabetes in Verbindung. Menschen, die sich auf Fitness statt auf Gewichtsabnahme konzentrierten, würden von den Vorteilen der Bewegung profitieren und gleichzeitig die mit dem Abnehmen verbundenen Risiken vermeiden.

Die Wissenschaftler zitieren die aktuellen Bewegungsempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), denen zufolge sich Erwachsene jede Woche 150 bis 300 Minuten mäßig intensiv oder 75 bis 150 Minuten intensiv bewegen sollten. Zentral sei aber, überhaupt vom Sofa aufzustehen und zumindest eine Aktivität mittlerer Intensität auszuführen, so Gaesser: „Es ist auch wichtig zu betonen, dass körperliche Aktivität über den Tag verteilt werden kann. Zum Beispiel sind mehrere kurze Spaziergänge am Tag (selbst wenn sie nur zwei bis zehn Minuten dauern) genauso gesundheitsfördernd wie ein langer Spaziergang.“

Nachrichtenquelle: geo.de

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