Buenos Aires: Wasserschweine übernehmen Luxusviertel – und werden als Klassenkämpfer gefeiert

In einer argentinischen Luxuswohnanlage ist die Zahl der Wasserschweine explodiert. Sie baden in Pools, zerstören Gärten und die Anwohner empfinden sie als Plage. In den sozialen Medien hingegen werden sie als Helden des Klassenkampfs gefeiert

In einem exklusiven Wohnviertel nördlich der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires sind Hunderte Wasserschweine eingefallen. Die großen Nager zerstören Gärten, verursachen Verkehrsunfälle und sollen schon Hunde gebissen haben. Das geschlossene Wohnviertel Nordelta liegt in den Feuchtgebieten des Paraná-Flusses und damit im natürlichen Lebensraum der Carpinchos, wie die Tiere in Argentinien genannt werden. Das Wasserschwein ist das größte heute noch lebende Nagetier und wird bis zu 1,30 Meter lang und 60 Kilogramm schwer.

In der tief gespaltenen argentinischen Gesellschaft sind die Wasserschweine aus dem Nordelta nun zum Politikum geworden. Der Linken ist die abgeschottete Wohnanlage ohnehin ein Dorn im Auge, in der Invasion der Tiere sehen sie einen Rachefeldzug der Natur gegen die begüterten Eindringlinge. „Das ist die Quittung“, sagte Sicherheitsministerin Sabina Frederic zuletzt im Radio. Der populäre soziale Aktivist Juan Grabois schrieb auf Twitter: „An der Seite der Carpinchos – immer bis zum Sieg.“

Rückschlag der Natur

Die Wohnanlage ist in Argentinien bekannt – eine Wohnanlage der Reichen inmitten traumhafter Landschaft. Umweltschützerinnen und Umweltschützer stellen die Existensberechtigung der Luxus-Enklave allerdings in Frage, weil die Anlage in den Feuchtgebieten des Flusses Paraná gebaut wurde. Viele sehen die Wasserschweine in Nordelta deshalb als einen Rückschlag der Natur gegen den Menschen an. Der Bekannte Ökologe Enrique Viale sagte gegenüber dem „Guardian“, dass es ein Fehler sei, von einer Nagetierinvasion zu sprechen. „Es ist umgekehrt: Nordelta ist in das Ökosystem der Carpinchos eingedrungen.“

Er setzt sich im Kongress für ein Gesetz zum Schutz der Feuchtgebiete ein. „Wohlhabende Immobilienentwicklerinnen und -entwickler mit staatlicher Unterstützung müssen die Natur zerstören, um ihren Kundinnen und Kunden den Traum vom Leben in der Wildnis verkaufen zu können – denn die Käuferinnen und Käufer dieser Häuser wollen die Natur, aber ohne Mücken, Schlangen oder Carpinchos“, sagt der Umweltschützer.

Nachbarschaftsrat soll einen Aktionsplan vorlegen

Während immer mehr Userinnen und User weltweit die Wasserschweine in den sozialen Medien als Helden des Klassenkampfs feiern und ihre Köpfe in eine Reihe mit Köpfen von Marx, Engels, Lenin und Stalin montieren oder die Wasserschweine mit der ikonischen Mütze von Che Guevara ausstaffieren, sollen Anwohnerinnen und Anwohner des Wohnvierteles bereits zu den Jagdgewehren gegriffen haben, um die Zahl der Wasserschweine zu dezimieren.

Erde ohne Menschen

 Denn die Population der Wasserschweine sei zuletzt explodiert, berichten Anwohnerinnen und Anwohner. Da sie auf den öffentlichen Grünflächen des von Seen und Kanälen durchzogen Wohnviertels nicht mehr genug Nahrung finden, würden sie nun auch in die Gärten eindringen. „Ich finde die Wasserschweine toll, als ich das erste Mal eines gesehen habe, war ich sehr froh“, sagte Gustavo Iglesias der Zeitung „La Nación„. „Das Problem ist, dass sie sich unkontrolliert vermehren, weil sie hier keine natürlichen Feinde haben.“

Das Umweltamt der Provinz Buenos Aires schätzt die Lage in Nordelta als ernst ein und hat den Nachbarschaftsrat aufgefordert, einen Aktionsplan vorzulegen. „Wir wollen die Wasserschweine nicht ausrotten, aber wieder ein Gleichgewicht herstellen, in dem niemand um seine Sicherheit fürchten muss“, heißt es in einer Stellungnahme der Anwohner.

Nachrichtenquelle: geo.de

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