US-Studie: Hefepilz könnte Heilungsprozesse bei Morbus Crohn stören

Tausende leiden in Deutschland unter Morbus Crohn. Die chronische Krankheit führt häufig zu Bauchschmerzen und Durchfall. Welche Rolle spielt ein in Lebensmitteln vorkommender Pilz dabei?

Ein Hefepilz, der häufig in Lebensmitteln wie Käse und Wurst vorkommt, könnte den Heilungsprozess bei Menschen mit der Darmkrankheit Morbus Crohn beeinträchtigen. Das legt zumindest eine US-amerikanischen Studie im Fachblatt «Science» nahe.

Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Untersuchung dabei hilft, bessere Therapien für Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zu entwickeln. Ein deutscher Experte warnt allerdings davor, aus der Studie voreilige Schlüsse für neue Behandlungsansätze oder gar Ernährungsempfehlungen abzuleiten.

Etwa 400.000 Menschen in Deutschland leiden an Morbus Crohn

Debaryomyces hansenii ist ein Hefepilz, der in allen Arten von Käse, zum Teil auch in Wurst, Bier, Wein und fermentierten Lebensmitteln enthalten ist. Nun entdeckten Wissenschaftler der Washington Universität von St. Louis, dass der Pilz verletztes Darmgewebe bei Mäusen infizieren und dort die Wundheilung stören kann. Zudem fanden die Forscher den Hefepilz in entzündetem Darmgewebe von Patienten mit Morbus Crohn.

Morbus Crohn gehört zusammen mit Colitis ulcerosa zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), an denen in Deutschland nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) etwa 400.000 Menschen leiden. Die nicht heilbaren Krankheiten gehen häufig mit heftigen Bauchschmerzen und teils blutigem Durchfall einher und beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen stark.

Die Autoren der neuen Studie stellten nicht nur fest, dass Debaryomyces hansenii verletztes Darmgewebe befallen kann. In Experimenten mit den Mäusen zeigten die Wissenschaftler auch, dass die Beseitigung des Pilzes durch ein spezifisches Antimykotikum, also ein Mittel zur Behandlung von Pilzinfektionen, die Wundheilung der verletzten Stellen im Darm der Tiere beschleunigte.

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Für Axel Dignaß vom Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt am Main ist es indes noch viel zu früh, aus den Studienergebnissen Therapieansätze abzuleiten. Zum einen hätten die Hauptexperimente mit Mäusen stattgefunden. «Es gab schon viele bahnbrechende Ergebnisse in Studien mit Mäusen, die sich dann in Folgestudien als nicht übertragbar auf den Menschen erwiesen», sagt der Gastroenterologe. Zum anderen hätten die Forscher den Hefepilz zwar auch in Gewebeproben von Morbus-Crohn-Patienten nachgewiesen, die allerdings überwiegend aus dem Dünndarm stammten.

«Morbus Crohn befällt aber den gesamten Verdauungstrakt von der Mundschleimhaut bis zum Enddarm», führt Dignaß aus. Daher müsse überprüft werden, ob die Beobachtung der Wissenschaftler fernab des Dünndarms zutreffe. Noch dazu manifestiere sich die Krankheit zum Teil sogar außerhalb des Darms in Form von Beschwerden der Gelenke, Augen oder der Haut. «Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass der Pilz dort von Bedeutung ist, da er an diese Stellen über die Blutbahn gelangen müsste», erklärt der Mediziner. «Die Patienten hätten dann eine durch Pilze verursachte Blutvergiftung und wären schwer erkrankt.»

Obwohl die Studie noch keine Folgen für die unmittelbare Praxis der Patienten hätte, sei sie aus wissenschaftlicher Perspektive hochspannend. «Die durchdachte und gut gemachte Arbeit stellt einen weiteren Beleg dafür dar, dass Störungen der Barriere bei Morbus Crohn eine wichtige Rolle spielen», sagt Dignaß. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass die Wundheilung bei CED-Erkrankten gestört sei. «Das war zwar schon bekannt, aber dass Pilze hier ein Faktor sein könnten, ist interessant.»

Nichtsdestotrotz sollten vor allem Patienten vorsichtig bei der Bewertung der Ergebnisse sein und beispielsweise keine Ernährungsempfehlungen daraus ableiten. Hier wären zunächst umfassende klinische Studien nötig – eine Einschätzung, der sich die Autoren selbst anschließen.

«Wir schlagen nicht vor, dass die Menschen aufhören, Käse und verarbeitetes Fleisch zu essen; das würde weit über das hinausgehen, was wir jetzt wissen», betont Erstautor Umang Jain. «Was wir wissen, ist, dass dieser lebensmittelbedingte Pilz in entzündetes, verletztes Gewebe gelangt und dort Schaden anrichtet.» Geplant sei daher nun, eine größere Studie an Menschen durchzuführen, um herauszufinden, ob es einen Zusammenhang zwischen der Ernährung und der Häufigkeit dieses Pilzes im Darm gibt.

Nachrichtenquelle: geo.de

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