Expertenbericht: Fischsterben in der Oder: Hoher Salzgehalt und Algen als Ursache identifiziert

Forschende gehen von einer menschengemachten Katastrophe aus: Die wahrscheinlichste Ursache für das verheerende Fischsterben in der Oder im August sei ein sprunghaft gestiegener Salzgehalt, der zur massiven Vermehrung einer giftigen Brackwasseralge geführt habe. So das Fazit einer Expertengruppe unter Leitung des Umweltbundesamtes. Doch einige Fragen bleiben ungeklärt

Eine Art Kettenreaktion soll Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge zum massenhaften Fischsterben in der Oder geführt haben: Erst stieg der Salzgehalt in dem deutsch-polnischen Grenzfluss sprunghaft an, was wiederum zur massiven Vermehrung einer für Fische, Schnecken und Muscheln giftigen Brackwasseralge führte. Dies sei die „plausibelste Hypothese“, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Bericht des Umweltbundesamts und weiterer Behörden.

Hohe Temperaturen und eine geringe Niederschlagsmenge hätten die Lage noch weiter verschärft, weil die Konzentration der schädlichen Stoffe dadurch gestiegen sei. Dies sei durch zahlreiche deutsche Wasserproben und Satellitenaufnahmen belegt. Die Expertinnen und Experten stellten auch Herbizide fest, bei denen es sich „mit hoher Wahrscheinlichkeit um industrielle Einleitungen“ handele. Die akuten Vergiftungen seien aber daraus nicht ableitbar, hieß es.

Verursacher der Salzeinleitung weiterhin unklar

Die Forschenden bestätigten damit eine Annahme zu möglichen Ursachen der Umweltkatastrophe, die schon seit Längerem vermutet worden war. Dem Umweltbundesamts zufolge konnten die Forschenden allerdings nicht den Verursacher der Salzeinleitung ausmachen. Die genaue Quelle der Salze, anderer Elemente und Chemikalien, die allesamt in die Oder eingeleitet wurden, sei weiterhin unklar, heißt es in dem Bericht.

Die Analyse von mehr als 1200 bekannten Stoffen und Elementen habe ergeben, dass die im Wasser der Oder nachgewiesenen Stoffe „typischerweise aus Einleitungen von industriellen oder kommunalen Kläranlagen“ stammten. Nähere Details dazu nennt der Bericht nicht.

Renaturierung der Oder soll vorangetrieben werden

Um Spätfolgen zu vermeiden, muss laut der Expertengruppe sichergestellt werden, dass sich die Alge nicht erneut in der Oder sowie anderen Flüssen vermehrt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen deshalb, weitere Forschung zur Ausbreitung der Brackwasseralge zu betreiben und das grenzüberschreitende Warn- und Meldesystem zu verbessern, um künftigen Katastrophen dieser Art vorzubeugen.

Auch vorhandene Genehmigungen für Einleitungen von Stoffen in Gewässer sollten überprüft werden. Lilian Busse, die Vizepräsidentin des Umweltbundesamts, sagte am Freitag: „Wir müssen vermeiden, dass sich die Brackwasseralge in Flüssen wie Werra oder Elbe ausbreitet. Außerdem sollten wir die Genehmigungen für das Einleiten von Chemikalien und salzhaltigen Wassers auf den Prüfstand stellen.“

Darüber hinaus werde die Renaturierung der Oder als Lebensraum seltener Arten und als Quelle wichtiger Ökosystemleistungen für die Menschen vor Ort eine wichtige Aufgabe sein. Das Bundesumweltministerium treibe daher aktuell den Start eines Vorhabens im Rahmen des Bundesnaturschutzfonds voran.

Der Naturschutzbund Deutschland begrüßt das geplante Maßnahmenpaket zur Renaturierung der Oder. Diana Nenz, NABU-Referentin für Gewässerpolitik, ergänzt: „Wichtig ist jetzt an einer gemeinsamen Lösung mit Polen zu arbeiten. Mit einem Aktionsplan muss die Rehabilitation der Oder auf beiden Seiten vorangebracht werden. Statt den Fluss weiter auszubauen, sollten wir alles daransetzen, um eine natürliche Gewässerentwicklung zuzulassen, die eine hohe Biodiversität ermöglicht, sowie einen hohen Wasserrückhalt in der Landschaft sicherstellt. Damit wird Widerstandskraft gegen Hochwasser und Trockenphasen geschaffen. Daran müssen die Bundesministerien für Umwelt und Verkehr gemeinsam arbeiten.“

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Das massive Fischsterben war am 9. August auf der deutschen Seite des Grenzflusses entdeckt worden. Polnische Behörden hatten nach Regierungsangaben schon Ende Juli erste Hinweise darauf. Deutschland warf Polen vor, die Ereignisse nicht frühzeitig gemeldet zu haben.

Eine Mitte August ins Leben gerufene deutsch-polnische Expertengruppe legte keinen gemeinsamen Bericht vor. Stattdessen gibt es nun zwei separate Analysen der jeweiligen Seiten. Polnische Experten hatten am Vortag ihre Erkenntnisse vorgestellt und darin ebenfalls die Ausbreitung der Alge als wahrscheinlichste Ursache für das Fischsterben ausgemacht.

Nachrichtenquelle: geo.de

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