Flugpionierin: Elly Beinhorn: Wie sie trotz aller Widerstände ihren Traum vom Fliegen verwirklichte

Frauen in der Luftfahrt – das war lange Zeit nicht vorstellbar. Die Hannoveranerin Elly Beinhorn änderte dieses Bild durch ihre beharrliche Flugbegeisterung in den 1930er-Jahren maßgeblich. Die Flugpionierin ebnete durch ihre abenteuerlichen Flugreisen anderen Pilotinnen den Weg in die Flugzeugkanzeln und war die bedeutendste deutsche Pilotin ihrer Zeit

Ein bewegtes Leben – besser ist die Karriere von Elly Beinhorn nicht zu beschreiben. Geboren am 30. Mai 1907 in Hannover entschließt sie sich bereits im Jahr 1928 dazu, Fliegerin zu werden. Ausgelöst wird dieser Wunsch durch den Vortrag einer Non-Stop-Nordatlantiküberquerung: in diesem Fall ein Mann, wie zu der Zeit gängig und üblich.

Elly Beinhorn lässt sich davon und auch von anderen Widerständen auf ihrem Weg zur erfolgreichen Fliegerin nicht aufhalten. Ihr Tempo entspricht der Entschlossenheit, die sie Zeit ihres Lebens begleiten und erfolgreich machen wird.

Flugpionierin Elly Beinhorn findet keinen Platz in der Luftfahrt

Eine Frau als Berufsfliegerin? Das ist für manchen Flugverein unvorstellbar und das auch der Grund, warum Elly Beinhorn zunächst keinen Platz als Flugschülerin bekommt. Doch die Deutsche Luftfahrt GmbH in Berlin nimmt sie schließlich auf. Erst im Herbst 1928 hatte Elly Beinhorn den Vortrag über die Nordatlantiküberquerung gehört. Schon am 2. November 1928 sitzt sie zum ersten Mal hinter dem Steuerknüppel eines Flugzeugs und ist auf dem Weg zum Flugschein, den sie im Sommer 1929 schließlich bekommt.

Finanziert hat die zu dem Zeitpunkt 22-Jährige ihren 2000 Reichsmark teuren Flugschein selber aus Ersparnissen, denn auf Unterstützung ihrer Eltern konnte sie nicht hoffen. Eher im Gegenteil: Die Ablehnung und der Widerstand aus ihrer Kaufmannsfamilie waren ihr sicher.

Doch das Einzelkind Elly Beinhorn lässt sich nicht aufhalten. Ein Meilenstein für die Zukunft der Frauen in der deutschen Luftfahrt. Der Kampf um Geld und Anerkennung wird die Fliegerin trotzdem viele Jahre begleiten – wie auch dramatische persönliche Verluste, die ebenso vor ihr liegen, wie die Welt.

Flug nach Rom wird zum Pressespektakel

Elly Beinhorn bekommt vom Fliegen nicht genug und legt damit die Basis für ihre zukünftige Karriere und Bekanntheit: Kunstflugschein, Seeflugschein und sogar die Blindflugausbildung nur nach Instrumenten absolviert sie. Dass ihr erster Auslandsflug so schnell auf sie zukommen würde, hätte Elly Beinhorn wahrscheinlich selbst nicht gedacht.

Doch die Flugreise nach Rom Anfang 1930 ist ebenso skurril wie abenteuerlich und trägt ihren Namen erstmals in die Presse – unter anderem wegen ihres Passagiers: Es ist ein Frack.

Königin der Lüfte

Im Auftrag eines schwedischen Großindustriellen soll das Kleidungsstück in die italienische Hauptstadt geflogen werde – was aber nur halb gelingt. Elly Beinhorn muss wegen eines technischen Defektes an ihrem Flugzeug eine alpine Notlandung hinlegen. Eine Erfahrung, die sie auf ihre zukünftigen Langstreckenflüge vorbereitet und die Lust auf mehr macht. Erst 23 Jahre alt, wirft Elly Beinhorn ihren Blick nicht nur auf europäische Grenzen, sondern auf den gesamten Globus.

Afrikaflug mit Hindernissen

Ihr Sehnsuchtsziel: Afrika. Das Problem: wieder das Geld und auch ihr Status als Frau. Potenzielle Geldgeber trauen ihr die anstrengende Flugreise und den Erfolg nicht zu. Elly Beinhorn wird sie eines Besseren belehren. Sie nimmt Kredite auf, lässt ihr eigenes Flugzeug als Pfand in Deutschland, um eine geeignete Maschine mit Schwimmern statt nur Räderfahrwerk zu bekommen.

Am 4. Januar 1931 startet die Flugpionierin in Berlin – und muss schon im Schwarzwald wegen verölter Zündkerzen zwischenlanden. Wasser auf die Mühlen ihrer Kritiker. Ob sie wirklich als Pilotin die Strecke nach Afrika schafft?

Notlandung stoppt die junge Pilotin nicht

Elly Beinhorn schafft es. Mehr als 2000 Kilometer fliegt Elly Beinhorn an der afrikanischen Küste entlang nach Dakar. Dann auf dem Rückflug: Gebrochene Ölleitung, Notlandung im Sumpfgebiet des Niger, Krankheit, Erschöpfung, Bergung von Motor und Instrumenten, neues Flugzeug von Sponsoren, Casablanca, erneute Notlandung wegen unreinen Treibstoffs, Ankunft in Rom, Weiterflug über Wien.

Elly Beinhorn wird gefeiert
Für ihre Erfolge wird die Pilotin Elly Beinhorn in Deutschland gefeiert
© picture alliance / ZUMAPRESS.com | Keystone Press Agency

Am 29. April 1931 trifft Elly Beinhorn wieder in Berlin-Tempelhof ein und wird begeistert gefeiert. Jetzt ist sie eine nationale Berühmtheit.

Rekordflug bringt Elly Beinhorn im Alleinflug um die Welt

Der Afrikaflug hat die Pilotin bereit für ihr eigentliches Abenteuer gemacht: Elly Beinhorn will nicht nur einen Kontinent. Elly Beinhorn will die Welt – und sie holt sie sich. Nur ein halbes Jahr nach ihrer Afrikareise startet die Fliegerin von Berlin aus zu ihrer Weltumrundung im Alleinflug. Gut acht Monate ist die Flugpionierin unterwegs, nimmt zunächst Kurs auf Indien, fliegt dann nach Australien, nimmt teilweise das Schiff für den Transport der einmotorigen Maschine mangels Reichweite des kleinen Flugzeugs.

Sie überfliegt Südamerika. Salzwüsten, Urwälder, Gewitterstürme, unbekannte Inseln, Flüge bis in 4800 Meter Höhe mit Sauerstoffgerät, Motorschäden, Sandstürme – Elly Beinhorn ist nicht aufzuhalten. Sie trifft schließlich Anfang Juli per Schiff mit ihrer Maschine als Fracht in Bremerhaven ein und am 26. Juli 1932 in Berlin – aus der Luft mit ihrem wieder zusammengebauten Flugzeug, einer offenen Klemm KI 26, versteht sich.

Hindenburg gleicht Elly Beinhorns Schulden aus

Doch die Freude über den gelungenen Rekordflug wird getrübt. Die Schulden von Elly Beinhorn summieren sich inzwischen auf 16.000 Reichsmark. Ein Schuldenberg, den sie nicht so einfach abtragen kann. Ihre Karriere als Fliegerin steht auf der Kippe.

Die Rettung kommt von höchster Stelle: Reichspräsident Paul von Hindenburg zeichnet die Flugpionierin mit dem Hindenburgpokal für die beste sportfliegerische Leistung aus – 10.000 Reichsmark. Die restliche offene Summe übernimmt der Reichsverband der Deutschen Flugzeugindustrie.

Elly Beinhorn kann weiterfliegen – und das tut sie:

  • zweiter Afrikaflug 1933
  • Amerikareise 1934
  • Rekordflug über zwei Kontinente in 24 Stunden 1935
  • weitere Langstreckenflüge in den Jahren 1935 bis 1939

Rennfahrer Bernd Rosemeyer ist die große Liebe

Dass Elly Beinhorn sich zwischenzeitlich in den bekannten Rennfahrer Bernd Rosemeyer verliebt, passt eigentlich gar nicht zu ihren Zukunftsplänen und der gelebten Eigenständigkeit der Flugpionierin. Trotzdem heiraten die beiden am 13. Juli 1936. Die tollkühne Fliegerin und der schmucke Rennfahrer sind das Traumpaar der deutschen Presse.

Flugpionierin Elly Beinhorn mit Bernd Rosemeyer
Flugpionierin Elly Beinhorn und Rennfahrer Bernd Rosemeyer lernen sich in den 1930-er Jahren kennen und lieben
© IMAGO / Reinhard Kurzendörfer

Bereits 1937 kommt ihr Sohn Bernd Rosemeyer junior zu Welt – doch das Familienglück findet ein jähes Ende. Am 28. Januar 1938 verunglückt Bernd Rosemeyer bei einem Rekordversuch tödlich, als sich sein Rennwagen bei Tempo 430 überschlägt. Ein Schock und Trauma für die junge Mutter.

Zweiter Weltkrieg stoppt die Fliegerin

Den Verlust ihrer großen Liebe versucht Elly Beinhorn mit weiteren Flügen nach Asien und Indien zu verwinden. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges stoppt ihre Flugabenteuer und ihre Fliegerei abrupt. Im Gegensatz zu Frauen wie Beate Uhse, Hanna Reitsch oder Melitta Gräfin Schenk von Stauffenberg ist Elly Beinhorn eine Sportpilotin – und keine Luftwaffenpilotin. Sie ist auch nicht der NSDAP beigetreten. Gleichwohl nutzen die Nationalsozialisten ihre Bekanntheit und ihre Erfolge als Fliegerin für ihre Propaganda.

Elly Beinhorn lernt ihren zweiten Eheman Karl Wittmann kennen, bekommt ihre Tochter Stefanie, hat eine bewegte Zeit zwischen Bombardierungen Berlins, Zuflucht in Ostpreußen, Flucht vor der Ostfront in den Schwarzwald – und dem langen Verzicht auf ihre geliebte Sportfliegerei.

Elly Beinhorn gewinnt Goldmedaille für Sternflug

1951 beginnt die engagierte Pilotin von der Schweiz aus wieder zu fliegen. Im Nachkriegsdeutschland war das zu dem Zeitpunkt verboten. Sie fliegt wieder nach Afrika, fotografiert und schreibt für eine Illustrierte. Mit der Kunstflugberechtigung in Deutschland im Jahr 1959 gewinnt sie gleich auf Anhieb die Goldmedaille im europäischen Sternflug.

Elly Beinhorn auf dem Flughafen Egelsbach
Sportfliegerin Elly Beinhorn (r.) am 23. Juni 1956 auf dem Flughafen Egelsbach, wo sie wegen schlechter Witterungsbedingungen während des Deutschlandfluges eine Pause einlegen muss
© picture-alliance / dpa | Richard Koll

Erst im Alter von 72 Jahren verzichtet Elly Beinhorn freiwillig auf ihren Flugschein und hebt doch 28 Jahre später noch einmal ab. Zu ihrem 100. Geburtstag am 30. Mai 2007 dreht die Flugpionierin als Passagierin eine halbstündige Runde über dem Alpenvorland und genießt ein letztes Mal in ihrem Leben den Blick aus der Pilotenkanzel auf die Welt da unten.

Elly Maria Frida Rosemeyer-Beinhorn findet letzte Ruhe in Berlin

Elly Maria Frida Rosemeyer-Beinhorn – so der vollständige Name von Elly Beinhorn – stirbt am 28. November 2007. Die leidenschaftliche Fliegerin hat durch ihre Hartnäckigkeit, ihren Mut und ihren Einsatz wesentlich zum Weg der Frauen als Pilotinnen in die deutsche Luftfahrt beigetragen.

Gegen Widerstände vom Geldmangel über fehlende Anerkennung als Frau bis hin zu Motorschäden, Gewitterflügen, Notlandungen und persönlichen Schicksalsschlägen hat Elly Beinhorn ihr bewegtes Leben gelebt – und am Ende sogar ihre große Liebe wieder an ihrer Seite: Elly Beinhorn ist neben ihrem ersten Ehemann Bernd Rosemeyer in Berlin beerdigt.

Nachrichtenquelle: geo.de

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