Klimakrise: Extremwetter: Das kommt auf Deutschland zu

Stürmischer wird es nicht. Aber Dürre und Hitze nehmen in den kommenden Jahren zu. Das geht aus einem aktuellen Faktenpapier zum 12. Extremwetterkongress in Hamburg hervor

Schmelzende Gletscher, steigende Waldbrandgefahr und verheerende Wirbelstürme: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen eindringlich vor den unumkehrbaren Folgen einer weiteren globalen Erwärmung. Sie sehen eine wachsende Gefahr durch Wetterextreme. „Wir erleben die Klimaveränderung inzwischen direkt vor unserer Haustür, sind selbst unmittelbar betroffen“, sagte Tobias Fuchs, Vorstandsmitglied des Deutschen Wetterdienstes (DWD), am Mittwoch beim 12. Extremwetterkongress in Hamburg.

Den aktuellen Stand der Forschung stellen die Expertinnen und Experten in einem zeitgleich veröffentlichten Faktenpapier dar:

1. In Deutschland ist es schon 1,6 Grad wärmer.

In Deutschland steigen die Durchschnittstemperaturen deutlich schneller als im globalen Durchschnitt – hierzulande haben wir schon 1,6 Grad erreicht. Der Grund: Landmassen erwärmen sich schneller als Meere. In den vergangenen 50 Jahren hat das Tempo des Temperaturanstiegs deutlich zugenommen: Betrachtet man nur die zurückliegenden zehn Jahre, beläuft sich der Anstieg sogar auf zwei Grad.

2. Hitzewellen werden wegen der Klimaerwärmung häufiger auftreten.

„In Folge der rasch fortschreitenden Erwärmung des Klimasystems“, so heißt es in dem Faktenpapier, „gibt es inzwischen eine deutliche Zunahme extrem hoher Temperaturen, in einigen Gegenden Deutschlands sind langanhaltende Phasen mit Tageshöchsttemperaturen von 30 Grad Celsius und darüber ein neues Phänomen.“ Es sei davon auszugehen, dass sich die globale Erwärmung mit den beschriebenen Auswirkungen in den kommenden Dekaden fortsetzen und damit verschärfen werde.

Die Zahl heißer Tage mit einer Maximaltemperatur von mindestens 30 Grad Celsius ist seit den 1950er Jahren von etwa drei Tagen im Jahr auf heute im Mittel neun Tage gestiegen. Bei ungebremstem Treibhausgasausstoß wird für den Zeitraum 2031-2060 eine weitere Zunahme um 5 bis 10 heiße Tage im Jahr in Norddeutschland und 10 bis 20 heiße Tage in Süddeutschland erwartet.

3. Es gibt mehr Dürreperioden.

„Nach dem ‚Jahrtausendsommer‘ 2003“, so heißt es in dem Faktenpapier, „erlebten Deutschland und Mitteleuropa in den Jahren 2018, 2019, 2020 und 2022 eine Folge von sehr trockenen und warmen Sommern. Sowohl die Häufigkeit wie auch die Intensität dieser sehr trockenen und warmen Sommermonate lässt sich nur durch den menschgemachten Klimawandel erklären.“ Mit dem Trend zu wärmeren Sommern mit längeren Trockenphasen steigt auch die Waldbrandgefahr.

4. Es wird nicht stürmischer.

Dass es im Verlauf des Klimawandels in Deutschland stürmischer wird, lässt sich aus Messreihen nicht ableiten. Im Gegenteil, deuten die Daten eher darauf hin, dass die Windgeschwindigkeiten im Schnitt abnehmen. In den vier zurückliegenden Jahrzehnten ist die Anzahl der Tage mit Windgeschwindigkeiten von 11 oder 12 Windstärken zurückgegangen. Tornados werden zwar häufiger beobachtet und gefilmt. Das kann allerdings darauf zurückzuführen sein, dass Smartphones mit Kameras immer verbreiteter sind.

5. Die Sturmflutgefahr nimmt zu.

In Cuxhaven an der Nordsee ist der Meeresspiegel seit der Mitte des 19. Jahrhunderts um 40 Zentimeter gestiegen – weil die Eisschilde der Erde abschmelzen und das Wasser der Ozeane bei zunehmender Temperatur sich ausdehnt. Zugleich sinkt das Norddeutsche Tiefland seit dem Ende der letzten Vergletscherung vor rund 10.000 Jahren um jährlich 0,1 Zentimeter. Beides sorgt dafür, dass Sturmfluten an den deutschen Küsten höher auflaufen – und zukünftig mehr Schäden anrichten können.PMM2210 Titelthema CO2-Nutzung

Ein Schwerpunkt des Kongresses liegt nach Angaben des Deutschen Klima-Konsortiums (DKK) in diesem Jahr auf dem Abschmelzen der Eisbedeckung – seien es Gletscher, Meereis oder Landeis. Die Wissenschaft erwarte in den kommenden Jahrzehnten weitere Verluste, wodurch die Gefahr von Wasserknappheit und bilateralen Konflikten steige, berichtete die DKK-Vorstandsvorsitzende Astrid Kiendler-Scharr.

Tobias Fuchs, Leiter des Geschäftsbereichs Klima und Umwelt des Deutschen Wetterdienstes, nannte Beispiele für Folgen der Klimaveränderungen in vielen Regionen: Der diesjährige Sommer sei extrem trocken und warm gewesen und habe gefühlt schon im Mai begonnen. Böden seien fast flächendeckend ausgetrocknet, die Wasserstände von Flüssen seien sehr niedrig gewesen und es habe viele Waldbrände gegeben, sagte Fuchs. „Unter dem Strich ein für Deutschland im Klimawandel bald typischer Sommer.“ Der DWD warnte: Angesichts von Treibhausgaskonzentrationen mit immer neuen Rekordhöhen sei mit noch ausgeprägteren Wetterextremen zu rechnen.

Frank Böttcher, Veranstalter und Sprecher der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, appellierte an die Politik, die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass alle Produkte und alle Lebensmittel mindestens klimaneutral sind. „Darüber darf man im Supermarkt nicht mehr nachdenken müssen“, forderte er.

Nachrichtenquelle: geo.de

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