Alternativen zum Gas: Verbraucherschützer: "Heizen mit Strom ist immer noch deutlich teurer"

Zu den Themen Energiesparen und Alternativen zur Gasheizung erreichen die Verbraucherzentralen so viele Anfragen wie nie. Welche sind die häufigsten? Und was sind die Antworten? Wir sprachen mit dem Energieexperten Reinhard Loch von der Verbraucherzentrale NRW

GEO.de: Herr Loch, die Energiekrise ist da, und der Winter kommt erst noch. Womit kommen die Menschen jetzt zu Ihnen in die Beratung?

Dr. Reinhard Loch: Das wichtigste Thema ist im Moment „Alternativen zum Heizen mit Gas“. Das sind mal Fragen zum Heizlüfter, mal zur Holzheizung oder zu Ethanolöfen. Wir hatten aber auch schon die Frage, ob man mit einem Teelicht mit darübergestülptem Tontopf heizen kann. Kürzlich wollte jemand wissen, ob elektrische Mini-Heizlüfter mit 400 bis 600 Watt, die man in den Stecker stecken kann, besonders engergiesparend seien.

Und, sind sie?

Sind sie nicht.

Gilt das für alle elektrischen Heizungen?

Selbst wenn das Heizen mit Gas doppelt so teuer geworden ist: Es immer noch günstiger, als mit Strom zu heizen. Denn der Strom ist auch teurer geworden. Der Abstand von zuletzt 18 Cent für die Kilowattstunde Gas und 38 Cent für Strom ist weiterhin groß, sodass das Heizen mit Strom immer noch deutlich teurer ist. Hinzu kommt, dass die Versorger davor warnen, dass die Netze zusammenbrechen könnten, wenn zu viele Menschen mit Strom heizen.

Gibt es Ausnahmen?

Wenn man für eine oder zwei Stunden eben mal Wärme in einem Raum braucht, dann macht eine elektrische Heizung schon Sinn.

Werden Sie auch nach Wärmepumpen gefragt?

Schon seit Ende Februar. Für die meisten Altbau-Besitzer ist das eine gute Alternative. Das Problem ist nur: Die bekommt man auf die Schnelle nicht. Wärmepumpen sind knapp und die Heizungsbauer viel beschäftigt.Mehr als heiße Luft

Müssen Häuser nicht energetisch saniert werden, bevor eine Wärmepumpe Sinn macht?

Nicht unbedingt. Vor fünf Jahren hätten 90 Prozent der Energieberater gesagt, das Haus muss gut gedämmt sein, sonst geht es nicht. Wir formulieren es heute andersherum: Wenn das Haus nicht ganz schlecht gedämmt ist, funktioniert es – weil die Technik sich weiterentwickelt hat, der Wirkungsgrad sich verbessert hat und die Preissituation eine andere ist. Auch die Förderung ist attraktiv.

Was antworten Sie, wenn Sie nach Holz als Brennstoff gefragt werden? Ist das eine sinnvolle Alternative zu Gas?

Aus unserer Sicht schon, obwohl Holzheizungen generell umstritten sind wegen der Feinstaubbelastung. Es sollte allerdings möglichst zertifiziertes Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft verbrannt werden. Und die Preise sind auch durch die Decke gegangen, für Pellets haben sie sich verdoppelt.

Bekommen Sie auch Notrufe von Menschen, die sich Sorgen machen, ob sie im Winter überhaupt heizen können?

Wir fangen erst an, unsere Berater zu schulen, wie wir mit dem Thema Energiearmut, wie wir das nennen, umgehen. Zurzeit haben wir noch keine Welle von Ratsuchenden, die uns damit bestürmen. Im September, Oktober und November kommen erst mal die Preisanpassungen, die Nachzahlungen erst im nächsten Jahr.

Wir bereiten uns auf diese Welle vor. Wir möchten die Panik vor einer Notlage nicht verstärken. Wir bieten zum Beispiel keine Vorträge zu den Fragen an, wie man eine Notstromversorgung organisiert oder was zu tun ist, wenn die Heizung ausfällt.Energiesparen Artikel

Was antworten Sie bei Fragen zum Anbieterwechsel?

Das nützt nichts. In der Regel geht das auch gar nicht, weil die meisten Anbieter ja gar keine Neukunden wollen – und hohe Preise für Neukunden festlegen. Kritisch sind diejenigen Versorger, die Kunden rauswerfen. Also Händler, die, weil ihnen die Belieferung zu Festpreisen zu teuer geworden ist, Kunden rauswerfen – trotz eines bestehenden Vertragsverhältnisses. Gegen die klagen wir.

Spüren Sie eine steigende Nachfrage nach Energiespartipps?

Wir haben sicher zehn Jahre überhaupt keine Vorträge zum Thema Energiesparen angeboten – weil das keinen interessiert hat. Jetzt ist das anders. Auch die Wohnungsbaugesellschaften und die Kommunen wollen, dass wir das machen, also die Multiplikatoren, die sich Sorgen um die Mieter machen, die nicht viel Geld haben.

Haben Sie Ihre Tipps an die ungewöhnliche Krisenlage angepasst?

Nur in einer Hinsicht: Wir warnen davor, zu viel zu sparen. Bei weniger als 15 oder 17 Grad in der Wohnung, droht ein Schimmelproblem. Auch dazu bieten wir jetzt Vorträge an, die wir normalerweise erst gegen Ende der Heizperiode anbieten. Die Nachfrage danach stieg immer gegen Februar, März und April, also wenn die Menschen schon das Schimmelproblem haben. Jetzt bieten wir den Vortrag prophylaktisch an.

Hohe Preise für Energie werden uns wohl noch einige Jahre beschäftigen. Was empfehlen Sie längerfristig?

Unser Thema Nummer eins ist die Dämmung. Es kommen immer noch nicht ausreichend Menschen zu uns, die jetzt endlich ihre Häuser dämmen wollen. Unser Mantra ist: Ihr müsst zuerst den Verbrauch senken – und dann könnt ihr euch überlegen, wie ihr die nötige Energie bereitstellt. Efficiency first, nennen wir das. Diese Themen sind leider immer noch schwer zu vermitteln.

Woran liegt das?

Wir merken heute noch die Nachwirkungen der „Dämm-Phobie“. Es gab einen Artikel im Spiegel, „Die verdämmte Rebublik“. Sie glauben nicht, was dieser eine Artikel an Wirkung entfaltet hat. Die Haltung „Dämmung ist gefährlich und bringt nichts“ war sehr verbreitet – und ist es bis heute.

Nachrichtenquelle: geo.de

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