Island: Falsch harpuniert: Finnwale verenden qualvoll

Mehrere vor der Küste Islands gejagte Finnwale verendeten qualvoll – weil die erste Harpune nicht traf. Darunter ein schwangeres Weibchen. Walschützer*innen fordern Konsequenzen

Wie sterben Wale, wenn sie gejagt werden? Darüber ist recht wenig bekannt. Denn sie sterben auf hoher See. Und Zeugen ihres Todeskampfs sind meist nur die Walfänger selbst. Jetzt erhebt eine isländische NGO schwere Vorwürfe gegen Finnwal-Jäger: Schon im Juli wurde bekannt, dass Finnwale mehrfach harpuniert werden mussten, weil das erste Geschoss offensichtlich nicht gut gezielt war. Der Todeskampf muss mehrere Minuten gedauert haben.

Die bis zu 20 Meter langen Finnwale werden in Island mit Harpunen gejagt, deren Spitze Sprengstoff enthält. Das Projektil soll, um das Tier schnell zu töten, im Brustkorb, im Nacken oder im Gehirn detonieren. Ausgelöst wird die Explosion aber nur in weichem Gewebe, nicht, wenn die Granate auf Knochen trifft. Muss die Harpunenkanone nachgeladen werden, verlängert das das Leiden der Tiere um mindestens acht Minuten, erklärt die NGO Whale and Dolphin Conservation (WDC).

Mehrfacher Beschuss lässt auf lange Leiden schließen

Vor Ort in Island hat sich die Meeresschutzorganisation Hard To Port zur Aufgabe gemacht, solche Fälle aufzudecken. „Wir haben nun den dritten Fall einer ungenau abgefeuerten Harpune während der diesjährigen Finnwaljagd vor Island dokumentiert“, berichtet Geschäftsführer Arne Feuerhahn. „Die bereits bekannten Fälle scheinen keine Ausnahme zu sein.“ Das ausgewachsene, schwangere Weibchen habe während des langen Tötungsprozesses zweifellos große Schmerzen erlitten. Eine Harpune war in einer Flosse stecken geblieben, eine andere im Bauch detoniert.

Eines der qualvoll getöteten Finnwal-Weibchen war schwanger. Nach dem Zerlegen an Land wird der tote Fötus beiseitegeschafft
Eines der qualvoll getöteten Finnwal-Weibchen war schwanger. Nach dem Zerlegen an Land wird der tote Fötus beiseitegeschafft
© Hard to Port

„Ich denke, wir haben genug Beweise gesammelt“, sagt Arne Feuerhahn. „Es besteht kein Zweifel, dass die Jagd auf diese großen Meeressäuger gegen bestehende Tierschutzbestimmungen verstößt.“

Nach isländischem Recht muss der Walfang so durchgeführt werden, dass die Tiere möglichst wenig Schmerzen erleiden und ihre Tötung so schnell wie möglich erfolgt. Die Jäger sind verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die von ihnen verletzten Tiere zu töten.

Können Wale überhaupt „human“ getötet werden?

„Die Tatsache, dass die Walfänger nicht imstande sind, einen schnellen Tod für die Wale herbeizuführen“, sagt WDC-Mitarbeiterin Astrid Fuchs, „verdeutlicht die Grausamkeit des industriellen Walfangs.“ Selbst unter Expert*innen sei es sehr umstritten, wie man mit Sicherheit feststellen kann, ob ein Wal sofort gestorben ist oder gelitten hat – selbst wenn die Sprengladung in der Harpune gleich beim Eindringen in den Körper detoniert.

„Tatsächlich gibt es keinen humanen Weg, ein so großes Lebewesen wie einen Wal auf See zu töten“, resümiert Fuchs.

Die Vorfälle schlagen mittlerweile auch in der isländischen Öffentlichkeit Wellen. Gegenüber einem isländischen Newsportal erklärte die Fischereiministerin des Landes, Svandís Svavarsdóttir: Für sie sei klar, dass „Industrien, die auf Tierhaltung oder Jagd basieren und keine humane Tötung von Tieren garantieren können, in der modernen Gesellschaft keine Zukunft haben“.

Astrid Fuchs von der Whales and Dolphin Conservation fordert die deutsche Regierung und die EU-Kommission nun auf, bei der nächsten Tagung der International Whaling Commission (IWC) im Oktober ein „starkes Signal“ zu setzen: mit einer gemeinsamen Resolution gegen den kommerziellen Walfang.

Nachrichtenquelle: geo.de

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