Psychodelikum: DMT: Was hat es mit dem uralten Halluzinogen auf sich?

Manchmal machen Abkürzungen wirklich Sinn – auch wenn die Wirkung dahinter die Sinne beeinflusst. Dimethyltryptamin – kurz DMT – gilt als stärkstes bekanntes Halluzinogen und wird ursprünglich aus Pflanzen gewonnen. Ob der Stoff auch im menschlichen Gehirn produziert wird und vielleicht die bekannten Nahtoderfahrungen auslöst, wird derzeit erforscht

Dreidimensionale Farbmuster an den Zimmerwänden, Besuch von Außerirdischen, Kontakt zu Verstorbenen, der Blick in eine andere Dimension mit Elfenwesen – die Wahrnehmungen nach dem Konsum von DMT werden höchst unterschiedlich geschildert, bis hin zum Absterben des eigenen Egos und dem Verschmelzen mit dem Universum.

Dimethyltryptamin als Psychodelikum

Erstmals im Labor hergestellt wurde DMT durch den kanadischen Chemiker Richard Manske (1901 – 1977) im Jahr 1931. Zumindest persönlichen Aussagen zufolge soll er nicht gewusst haben, was genau die Folgen des synthetisierten Stoffes waren.

Vielleicht hat der Forscher aber auch ganz einfach nur – im wahrsten Sinne des Wortes – seinen Augen nicht getraut. Immerhin war die durchschlagende Wirkung von DMT als Psychodelikum zu dem Zeitpunkt bis auf Ausnahmen nur indigenen Völkern und Schamanen bekannt.

Forschung zu DMT erst Jahre später bekannt

Zwar hatte der britische Richard Spruce bereits im Jahr 1851 die Lianenart Banisteriopsis Caapi als einen möglichen Ursprung für die mächtigen Rauschzustände der südamerikanischen Regenwaldvölker ausgemacht. Sein Wissen wurde aber erst 57 Jahre später veröffentlicht und die wahre Wirkung von DMT wurde erst in den 1950er Jahren entdeckt.

Fünf populäre Irrtümer über Drogen (16386)

Die US-amerikanischen Chemiker Fish, Horning und Johnson isolierten das DMT-Molekül aus den Samen des südamerikanischen Hülsenfruchtbaums. Das inspirierte im Jahr 1956 den ungarisch-amerikanischen Kollege Stephen Szara derart, dass er DMT aus der Rindenwurzel Mimosa hostilis extrahierte und sich selbst injizierte. Die halluzinogene Wirkung war so durchschlagend, dass Szara äußerst engagiert weiterforschte und seine Erkenntnisse seiner Forschung in einer wissenschaftlichen Abhandlung festhielt.

Halluzinogen als jahrtausendalte Droge

N, N-Diamethyltryptamin – so der offizielle Name – hat eine lange Tradition als Psychodelikum. Archäologen haben in Chile entsprechende Pfeifen zum Konsum gefunden, die auf das 8. Jahrhundert nach Christi datiert werden. Das Trial and Error-Prinzip hatte auch den Ureinwohnerinnen und Ureinwohnern gezeigt, wie DMT am besten eingenommen wird: Inhaliert oder geschnupft. Oral eingenommen, ist Erbrechen das Ergebnis – oft mit heftigem Durchfall in der Folge. Das macht auch die beste Halluzination nicht wett.

Gehirn schüttet durch DMT massiv Serotonin aus

Was aber geschieht im Gehirn nach der Einnahme von Dimetyhltryptamin? DMT ist dem körpereigenen Neurotransmitter Serotonin ähnlich und dockt an dessen Rezeptorstellen im visuellen Kortex des Gehirns an – der sogenannten Sehrinde als Teil des Occipitallappens.

Das führt zur massiven Ausschüttung von Serotonin und damit zur visuellen Wahrnehmungsveränderung vom bunten Farbmix in Kaleidoskop-Form bis zur Nahtoderfahrung. Auch akustische Halluzinationen sind möglich. Der halluzinogene Wirkstoff Psilocybin in Pilzen ist DMT ähnlich.

Körper reagiert unterschiedlich auf Dimethyltryptamin

Wenn auch in vielen Teilen der Welt, von Australien über Indien bis nach Deutschland, verschiedene Pflanzen mit DMT-Gehalt vorkommen, wird der traditionelle Gebrauch der Droge schwerpunktmäßig mit Südamerika in Verbindung gebracht. Schon seit Jahrtausenden wird DMT dort aus Pflanzen zum Beispiel in Ayahuasca verwendet – einem Getränk, dem heilende und seherische Fähigkeiten zugeschrieben werden. Für die Einnahme und die Wirkungszeiten wurden ganz unterschiedliche Methoden entwickelt:

  • DMT inhaliert: Wirkung sofort – hält rund zehn Minuten an
  • DMT geschnupft: Wirkung nach einigen Minuten – hält rund 45 Minuten an
  • DMT geschluckt: Wirkung nach bis zu 60 Minuten – hält mehrere Stunden an

Pflanzliche Enzymhemmer verhindern Übergeben

Die verträglichen Mengen des DMT reichen dabei von 10 Milligramm bis 150 Milligramm – je nach Art des Konsums. Um den „Zaubertrank“ Ayahuasca zu trinken, ohne sich sofort zu übergeben, haben die südamerikanischen Ureinwohner zu einem Trick gegriffen. Sie haben das Extrakt aus der DMT-Liane Banisteriopsis caapi mit einer Pflanzenmixtur gemischt, mit der die Übelkeit auslösende Enzymreaktion im Körper gehemmt wird.

Ayahuasca – ein Zaubertrank aus dem Urwald wird zur Lifestyle-Droge (18795)

Ob DMT im menschlichen Gehirn, zum Beispiel in der Zirbeldrüse, hergestellt wird – darüber streitet sich die Forschung noch. Einig ist sich die Wissenschaft aber darüber, dass im Zentralen Nervensystem DMT enthalten ist.

Körper verfügt über Enzyme zur Produktion von DMT

Da die beiden beiden Enzyme AADC und INMT zur Produktion von Dimetyhltryptamin im Körper vorkommen, wäre auch die körpereigene Produktion von DMT logisch. Unter anderem kommt Dimetyhltryptamin vor in:

  • Darm
  • Niere
  • Rückenmarksflüssigkeit
  • Zirbeldrüse
  • Augenretina

Dimethyltryptamin schützt Zellen

Forscher gehen davon aus, dass die Häufung von DMT an diesen Orten im Körper eine bestimmte Funktion hat. Dimetyhltryptamin kann durch die Aktivierung bestimmter Rezeptoren zum Beispiel Nervenzellen vor Schäden durch Sauerstoffmangel schützen – eine mögliche Erklärung für die Nahtod-Erfahrungen von Menschen, die kurzfristig klinisch tot waren.

Durch den eintretenden Sauerstoffmangel setzt der Körper alle vorhandenen DMT-Reserven frei, inklusive des Dimetyhltryptamin-Vorrats im Gehirn und das könnte verbunden sein mit einer entsprechend bildhaften Reise in andere Welten – inklusive dem Treffen bereits Verstorbener oder dem vielzitierten „mein ganzes Leben ist an mir vorbeigezogen“.

Unter Schamanen, Hexen undWaldgeistern

Dimethyltryptamin im Gehirn bislang nur bei Nagetieren nachgewiesen

Eine aktive DMT-Produktion im Gehirn haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bisher nur bei kleineren Nagetieren wie Ratten nachgewiesen. Hier wird Dimetyhltryptamin tatsächlich von der Zirbeldrüse hergestellt. Da der Stoff in diesem Fall zum täglichen Chemie-Cocktail im eigenen Körper gehört, werden Ratten wahrscheinlich nicht die Auswirkungen verspüren, von denen Menschen nach DMT-Konsum bei wissenschaftlichen Studien berichtet haben:

  • Erhöhte Herzfrequenz
  • Erhöhter Blutdruck
  • Schwindel
  • Erweiterte Pupillen
  • Kreislaufprobleme
  • Schnelle Augenbewegungen
  • Kopfschmerzen
  • Gesteigerte Selbstwahrnehmung
  • Leichte Euphorie

Eine körperliche Abhängigkeit wie beispielweise durch Alkohol konnte bei Dimetyhltryptamin bisher nicht nachgewiesen werden. Eine psychische Abhängigkeit schließen Forscher basierend auf der vorhandenen mentalen Konstitution nicht generell aus. Weltweit sind inzwischen mehr als 50 Pflanzen identifiziert, die DMT als Wirkstoff in verschiedenen Konstellationen enthalten – darunter Indischer Hanf, die Fächerlilie, Engelstrompete, Ginster oder Wermutkraut.

Sogar eine Kröte produziert mit ihren Drüsen ein Sekret, dass Dimetyhltryptamin in einer abgewandelten Form enthält: die südamerikanische Aga-Kröte. Der Spruch „an der Kröte lecken“ bekommt dadurch eine völlig neue Bedeutung – nützt in dem Fall aber nichts. Unbearbeitet führt das Sekret nicht nur zum bekanten Erbrechen nach  oraler DMT-Einnahme, sondern auch noch zu akutem Herzrasen und Atemnot. Diese Folgen macht deutlich, warum auch so viele Pflanzen DMT in ihren Fasern haben: als Schutz vor Fressfeinden.

Besitz von DMT ist nicht legal

Die einzige Art auf der Erde, die sich freiwillig und mit Begeisterung geistig von diesem Planeten schießt, ist der Mensch. Zwar ist DMT in vielen Ländern illegal und auch in Deutschland nicht legal. Dass der Bedarf an Halluzinationen offenbar vorhanden ist, zeigt die Zahl der derzeit laufenden Strafverfahren wegen DMT-Besitz in  Deutschland: Es sind rund 1000.

Die meisten dieser Bürgerinnen und Bürger haben die südamerikanische Rindenwurzel Mimosa hostilis im Bioladen ihres Vertrauens gekauft. Natürlich nur, um auf ökologische Art ihre Kleidung zu färben. Aber erklären Sie das mal dem Staatsanwalt.

Nachrichtenquelle: geo.de

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