Angst vor dem Winter: Was tun bei steigenden Heizkosten? Energieexperte gibt Tipps

In 80 Tagen beginnt die Heizsaison, und die Angst vor horrenden Energierechnungen wächst. Martin Brandis, Energieexperte der Verbraucherzentrale, gibt Tipps, was Eigentümer*innen und Mieter*innen jetzt tun können

GEO.de: Herr Brandis, die Energieberater*innen der Verbraucherzentralen haben zurzeit vermutlich gut zu tun, oder?

Martin Brandis: Im Moment gibt es Zeiten, in denen unserer Beraterinnen und Berater förmlich überrannt werden. Besonders mit Fragen zum Energieverbrauch, zum Wechsel des Wärmeerzeugers, oder zur Nutzung erneuerbarer Energien.

Momentan werden in manchen Baumärkten Holz und Heizlüfter knapp. Sind das Panikkäufe, oder sind die Sorgen vor einer kalten Wohnung im Winter berechtigt?

Wenn ich höre, dass der Brennstoff möglicherweise knapp wird, dann ist es mehr als verständlich, dass Verbraucher*innen sich Sorgen machen, vor allem in Haushalten, die bei ihren Mietkosten schon jetzt an der Obergrenze sind. Die Vorstellung, im Kalten zu sitzen, gefällt niemandem …

Aber sind Heizlüfter oder Öfen überhaupt eine günstige Alternative zur Gas- oder Ölheizung?

Für den Heizlüfter würde ich das verneinen. Der heizt mit Strom, und Strom ist in der Vergangenheit auch teurer geworden. Ich zum Beispiel bezahle für Strom ein Drittel höhere Preise als noch vor einem Jahr. Ein typischer Heizlüfter hat eine Leistung von 2000 oder 3000 Watt, und eine ganze Wohnung kann man damit nicht heizen. Wer aber mehrere Geräte in Betrieb hat, wird das am Ende mit Sicherheit an der Jahresrechnung spüren.

Und wenn es nur darum geht, zum Beispiel das Bad morgens kurz warm zu machen?

Das wäre eine Möglichkeit, den Energiebedarf niedrig zu halten. Also nur dann zu heizen, wenn die Wärme auch wirklich gebraucht wird. Ein Heizlüfter wäre auch in dem hypothetischen Fall sinnvoll, dass man keine andere Möglichkeit hat zu heizen, damit die Wohnung nicht völlig auskühlt.

Und der Holzofen?

Wer schon einen Holzofen hat, für den ist das natürlich eine brauchbare, wenn auch nicht sehr komfortable Lösung. Allerdings steigen die Preise tendenziell auch beim Holz. Und viele der älteren Öfen arbeiten ziemlich ineffizient, da geht ein Großteil der Wärmeenergie durch den Schornstein.

In 80 Tagen beginnt die Heizsaison. Wie können Hauseigentümer*innen kurzfristig Energie sparen?

Eine sehr wirkungsvolle Maßnahme, um sofort den Energieverbrauch zu senken, ist die Absenkung der Vorlauftemperatur, also der Temperatur, mit der das Wasser aus dem Wärmeerzeuger in die Heizkörper strömt. Das kann man auch selber machen. In vielen Heizungsanlagen sind die Werkseinstellungen seit dem Einbau nie verändert worden, die Vorlauftemperatur ist oft höher als notwendig.Mit diesen 12 Tipps sparen Sie Heizkosten (17557)

Genau darum geht es übrigens auch bei der Diskussion um die Absenkung von Temperaturen durch die Wohnungsgesellschaften. In den Wohnungen wird es durch eine Absenkung der Vorlauftemperatur nicht notwendigerweise kälter, denn die Raumtemperatur wird immer noch über einen Thermostat geregelt.

Haben Sie noch einen Tipp für Mieter*innen?

Nur so viel heizen, wie tatsächlich benötigt wird! Wenn Sie die Wohnung verlassen, weil Sie zum Beispiel zur Arbeit oder zur Uni gehen, stellen Sie die Heizung runter. Wer nicht will, dass die Wohnung bei der Rückkehr kalt ist, kann vorhandene Thermostate durch programmierbare ersetzen. Auch Räume, in denen man sich nicht lange aufhält, müssen nicht geheizt werden wie andere.

Erhöht das nicht die Schimmelgefahr?

Eine dauerhafte Raumtemperatur unter 16 Grad erhöht, vereinfacht ausgedrückt, das Schimmelrisiko, weil kalte Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen kann als warme. Die überschüssige Feuchtigkeit kann dann an sogenannten Wärmebrücken, zum Beispiel in den Zimmerecken, kondensieren.Mehr als heiße Luft

Das tatsächliche Schimmelrisiko hängt immer ab von der Bausubstanz auf der einen und der Luftfeuchtigkeit auf der anderen Seite. Die Feuchtigkeit lässt sich durch Lüften regulieren, denn an kalten Tagen ist die Außenluft trockener als die Raumluft. In der Praxis hilft ein Hygrometer. Die relative Luftfeuchtigkeit sollte in Wohnräumen nicht dauerhaft über 60 Prozent liegen.

Sind Vermieter*innen eigentlich zu Maßnahmen zur Energieeinsparung verpflichtet?

 Es gibt ein paar wenige Pflichten. Zum Beispiel müssen veraltete Heizungsanlagen ausgetauscht werden. Und veraltet meint: 30 Jahre und älter. Im Bereich baulicher Wärmeschutz gibt es eine einzige Vorschrift, die das Gebäude selbst betrifft, und zwar muss die Decke des obersten bewohnten Geschosses gedämmt werden.

Energie wird voraussichtlich auch in den kommenden Jahren knapp und teuer bleiben. Was empfehlen Sie Hausbesitzer*innen und Mieter*innen mittel- und langfristig?

Das Dilemma, in dem sich im Moment viele befinden, ist, dass sie einen sehr hohen Verbrauch haben. Denn Wohngebäude, die bis Ende der 70er-Jahre gebaut wurden, haben praktisch überhaupt keinen baulichen Wärmeschutz. Sie stehen sozusagen nackt da. Wer seinen Energiebedarf verringern will, sollte die Wärmeverluste der Wohnung verringern, also dämmen.

Die Auftragsbücher der Handwerksbetriebe sind voll. Mit welchen Vorlaufzeiten müssen Eigentümer*innen rechnen?

Das ist regional sehr unterschiedlich. Ich habe schon von Wartezeiten von mehreren Monaten bis hin zu einem Jahr gehört. Es kann aber auch schneller gehen. Da im Moment die Nachfrage sehr hoch ist, muss man generell mit längeren Wartezeiten rechnen.

Man kann die Zeit aber auch nutzen, um kleinere, aber effektive Maßnahmen, zum Beispiel die nachträgliche Dämmung von Heizungsleitungen, vorzunehmen – und um sich schlau zu machen. Denn Wärmedämmung ist eine komplexe Angelegenheit, die Fachwissen und individuelle Beratung erfordert.

Auf der Seite www.verbraucherzentrale-energieberatung.de in der Rubrik „Veranstaltungen“ bietet die Verbraucherzentrale ein umfangreiches Angebot an Onlinevortägen an. Die Teilnahme ist kostenlos.

Nachrichtenquelle: geo.de

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