Neue Analyse: Gesangskultur unter Giganten: Buckelwale lernen Lieder von Artgenossen

Was in einer Saison ein Hit ist, mag in der nächsten schon fad erscheinen: Nicht nur bei Menschen, auch unter Buckelwalen sind immer neue Songs gefragt. Das Mitträllern fällt den Tieren dann sehr leicht, zeigt eine Studie

Buckelwale sind wahre Sangeskünstler – und übernehmen den aktuellsten Hit nach neuen Erkenntnissen sehr schnell und präzise von Artgenossen. Sie erlernen verschiedene Gesangstypen mit hoher Genauigkeit, unabhängig von der Komplexität des Musters, berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Fachmagazin „Scientific Reports“. Das Team hatte die Übertragung von Liedern von einer Buckelwal-Population zu einer anderen im Detail untersucht.

„Wir fanden heraus, dass sie tatsächlich genau die gleichen Töne lernten, ohne etwas zu vereinfachen oder wegzulassen“, erläuterte Hauptautorin Jenny Allen von der Moreton Bay Research Station der University of Queensland in Dunwich. „Und jedes Jahr, in dem wir sie beobachteten, sangen sie ein anderes Lied. Das bedeutet, dass Buckelwale sehr schnell ein ganzes Liedmuster von einer anderen Population lernen können, selbst wenn es komplex oder schwierig ist.“

Gesangsmuster verbreiten sich über Populationen in die ganze Welt

Buckelwale sind bekannt für ihre langen, komplexen Gesänge. Diese sind nicht angeboren, sondern erlernt. Die Männchen singen üblicherweise vor allem während der Fortpflanzungszeit, um Weibchen anzulocken. Einzelne Laute sind dabei in Phrasen genannten Abfolgen angeordnet. Diese werden mehrfach wiederholt und bilden ein sogenanntes Thema. Die Themen werden in einer einheitlichen Reihenfolge ohne Wiederholung gesungen – das klassische Lied eines Buckelwals entsteht.

Wale unterhalten sich in Dialekten (9198)

Verändern kann sich ein solches Lied in kleinen Schritten (evolutionär), die alle anderen Sänger durch soziales Lernen übernehmen – oder es kann ein völlig neues Lied die Population erobern (revolutionär). Bei den Buckelwalen des Südpazifiks werden Gesangsmuster von der westaustralischen Population zunächst nach Ostaustralien, dann nach Neukaledonien, Tonga und Amerikanisch-Samoa und weiter zu den Cookinseln und nach Französisch-Polynesien übertragen. Immer neue Unterwasser-Hits verbreiten sich so um die Welt.

Die Forschenden um Jenny Allen hatten sechs verschiedene Gesänge in ihre Analyse einbezogen, die in den Jahren 2009 bis 2015 von Buckelwalen der australischen Ostküste an Artgenossen Neukaledoniens weitergegeben wurden. Unter anderem wurde die Anzahl der erzeugten Töne und die Länge der Klangmuster gemessen. Bei vier der Gesänge handelte es sich um evolutionär veränderte, bei zweien um revolutionäre – also völlig neue – Lieder.

Gesänge mit hoher Detailgenauigkeit

Unabhängig von der Komplexität eigneten sich die neukaledonischen Wale die Gesänge mit hoher Detailgenauigkeit an, so das Ergebnis des Forscherteams. Vermutlich werden die Lieder demnach auf gemeinsamen Wanderrouten oder in gemeinsamen Futtergebieten wie in der Antarktis erlernt. Die Gesangsweitergabe sei ein außergewöhnliches Beispiel für kulturelle Übertragung einer Fähigkeit.

Doch warum lernen die neukaledonischen Wale von den ostaustralischen und nicht umgekehrt? Einer der Gründe dafür könnte den Forschenden zufolge sein, dass die Population in Ostaustralien wesentlich größer ist und damit deutlich mehr potenzielle Erfinder neuer Liedsequenzen umfasst – und zugleich auch mehr Männchen, die neue Gesänge dann weiterverbreiten. Schöner oder gänzlich neu zu klingen, könnte ein Erfolgskriterium bei der Partnerwahl sein.

Alles andere als stumm (Fische)

Über den gesamten Südpazifik betrachtet ist die westaustralische Population die größte und die ostwärts gerichteten Populationen anschließend jeweils kleiner, wie es in der Studie heißt. Auch bei anderen Arten wie dem stark gefährdeten Honigfresser – dessen Populationsrückgang mit einem starken Verlust der Gesangskultur einhergehe – habe sich gezeigt, dass die Populationsgröße das Gesangslernen beeinflusst.

Buckelwale (Megaptera novaeangliae) sind in allen polaren bis tropischen Meeren verbreitet. Sie halten sich vorwiegend auf dem offenen Meer auf, sind aber vor allem in den Fortpflanzungsgebieten auch in Küstennähe anzutreffen. Die Tiere gelten als die Akrobaten unter den Großwalarten: Sie zeigen spektakuläre Sprünge und schlagen oft mit Brust- und Schwanzflossen auf die Meeresoberfläche. Mehr als zehn Meter Länge und 30 Tonnen Gewicht sind möglich. Kennzeichnend sind die langen, Flipper genannten Brustflossen, die ein Drittel der Körperlänge erreichen.

Bekannt sind Buckelwale zudem für ihre erstaunlichen Fangtechniken. Zum Beispiel lassen sie gezielt Atemluft in Blasen hochperlen, wenn sie einen Schwarm Fische oder Krill ausgemacht haben und diesen umkreisen. Die Beute durchschwimmt diesen Blasenvorhang nicht – und wird von den mit weit geöffneten Maul von unten vorstoßenden Walen verschlungen.

Nachrichtenquelle: geo.de

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