Weltall: Ackerbau der Zukunft? Erstmals Pflanzen auf "Monderde" kultiviert

Könnte man auf dem Mond Ackerbau betreiben? Ja, so das Resultat eines ersten entsprechenden Versuchs, aber mit Vorbehalt: Eigenschaften des lunaren Substrats stressen Pflanzen. Fürs heimische Hochbeet eignet sich das Material nicht

Diese Studie könnte in die Geschichte der Raumfahrt eingehen: Erstmals haben Forscher Pflanzen auf echtem Mondsubstrat angebaut, das Astronauten von dem Erdbegleiter mitgebracht hatten. Damit untersuchten sie systematisch, ob künftig Ackerbau auf dem Himmelskörper möglich wäre. Zwar könnten Pflanzen grundsätzlich auf „Monderde“ wachsen, berichtet das Team der University of Florida in Gainesville im Fachblatt „Communications Biology“. Allerdings war ihr Wuchs verkümmert, und die Pflanzen zeigten starke Zeichen von Stress.

Für Urs Mall vom Göttinger Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung enthält die Studie „zweifellos interessante Beobachtungen“. Allerdings seien noch viele Fragen offen, sagt der Mondexperte, der nicht an der Studie beteiligt war.

Rob Ferl (links) und Anna-Lisa Paul betrachten die Platten, die teils mit Monderde und teils mit Kontrollerden gefüllt sind. Ob die Samen im Mondboden überhaupt keimen würden, wussten die Wissenschaftler damals noch nicht
Rob Ferl (links) und Anna-Lisa Paul betrachten die Platten, die teils mit Monderde und teils mit Kontrollerden gefüllt sind. Ob die Samen im Mondboden überhaupt keimen würden, wussten die Wissenschaftler damals noch nicht
© Tyler Jones, UF/IFAS

Der Anbau von Pflanzen auf dem Mond wäre gerade für das Artemis-Programm der Nasa interessant: Dabei will die US-Raumfahrtbehörde erstmals seit der Apollo-17-Mission von 1972 wieder Menschen zum Mond bringen und dort eine Basis errichten – möglichst bis Ende des Jahrzehnts.

Bei diesem Vorhaben könnten Pflanzen nicht nur die Ernährung der Besatzung vereinfachen, sondern etwa auch Sauerstoff produzieren. „Man möchte einen abgeschlossenen Kreislauf, wo alles recycelt wird“, erläutert Mall und verweist unter anderem auf das vom Menschen abgegebene Kohlendioxid (CO2). „Pflanzen würden in diesem Kreislauf eine wichtige Rolle spielen.“

„Artemis erfordert ein besseres Verständnis davon, wie Pflanzen im Weltraum wachsen“, erläutert Ko-Autor Rob Ferl. „Für künftige, größere Weltraummissionen könnten wir den Mond als Drehkreuz oder Startrampe nutzen. Da ist es sinnvoll, den dort schon vorhandenen Boden zum Anbau von Pflanzen zu nutzen.“

Für die Studie konnte etwa 12 Gramm Mondmaterial genutzt werden

Die Forscher prüften nun, ob dies auf dem lockeren Material auf dem Mond überhaupt möglich wäre. Dieser sogenannte Regolith entstand durch das intensive Bombardement des Mondes mit Meteoriten. Über die Jahrmillionen zertrümmerten die Einschläge Gestein und zerkleinerten es zu einer Art Sand, der die Oberfläche des Erdtrabanten teils meterhoch bedeckt.

Der entscheidende Unterschied zu irdischen Böden: „Auf der Erde sind Böden biologisch beeinflusst“, sagt Mall und verweist auf Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen. „Das fehlt auf dem Mond.“

Für die Studie hatte das Team nur insgesamt etwa 12 Gramm Mondmaterial zur Verfügung, das die Apollo-Missionen 11, 12 und 17 von ihren jeweiligen Landeplätzen zur Erde mitgebracht hatten. Das Material wurde jeweils auf eine Korngröße von unter einem Millimeter gesiebt, mit Steinwolle und einer wässrigen Nährstofflösung versehen und zu jeweils 0,9 Gramm in Minibehälter gegeben.

Auf das Substrat platzierten die Forscher dann Samen der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana). Diese auch in Deutschland weit verbreitete Pflanze wird in der Biologie als Modellorganismus genutzt, unter anderem weil ihr Genom vollständig sequenziert ist.

Im Sog der Ewigkeit_Schwarze Löcher

Zunächst keimten sämtliche zwölf Samen. „Das hatten wir nicht vorhergesagt“, sagt Erstautorin Anna-Lisa Paul. „Das zeigte uns, dass Mondböden die an der Pflanzenkeimung beteiligten Hormone und Signale nicht unterbrechen.“ Allerdings wurden sehr schnell Probleme sichtbar, die bei den Kontrollpflanzen in terrestrischem Substrat, das dem Mondmaterial ähnelte, nicht auftraten: Die Pflanzen wuchsen langsamer, blieben kleiner, verfärbten sich und variierten insgesamt sehr stark.

All dies deuten die Forscher als Zeichen von Stress. Weitere Analysen ergaben, dass die Genaktivität jener von Pflanzen ähnelte, die mit ungünstigen Faktoren wie Salz, Metallen oder oxidativem Stress konfrontiert sind. „Daraus leiten wir ab, dass die Pflanzen die lunaren Bodenbedingungen als belastend empfanden“, sagt Paul.

Am 16. Tag zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Pflanzen, die in der Kontrollerde (links) und den Pflanzen, die in der Monderde (rechts) gezüchtet wurden
Am 16. Tag zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Pflanzen, die in der Kontrollerde (links) und den Pflanzen, die in der Monderde (rechts) gezüchtet wurden
© Tyler Jones, UF/IFAS

Allerdings registrierte das Team auffällige Unterschiede zwischen den verschiedenen Mondsubstraten: Am schlechtesten gediehen Pflanzen auf jenem Material, das die Apollo-Mission 11 zur Erde gebracht hatte. Der Mondregolith an dieser Landestelle ist – im Gegensatz zu den Arealen von Apollo 12 und Apollo 17 – älter und war damit länger der kosmischen Strahlung und dem Sonnenwind ausgesetzt. Diese Ströme geladener Teilchen prasseln stetig auf das Mondmaterial nieder und reichern es vor allem mit Wasserstoff- und Helium-Ionen an.

Insgesamt, so die Forschungsgruppe, könnten Pflanzen zwar durchaus auf „Monderde“ wachsen, allerdings sei dies grundsätzlich keine gute Wachstumsumgebung. „Die Daten deuten darauf hin, dass älterer Regolith ein schlechteres Substrat für Pflanzenwachstum bietet als jüngerer Regolith“, schreibt das Team. Am besten gediehen die Pflanzen demnach auf dem von Apollo 17 mitgebrachten Material.

Die Studie lasse viele Fragen offen, sagt Mall. Insbesondere bleibe unklar, welche Komponenten des Mondmaterials für die Probleme der Pflanzen verantwortlich waren. „Da können sehr viele Faktoren eine Rolle spielen.“ Auf diese Schwächen weisen auch die Autoren selbst hin: Bevor man Mondregolith als lokale Ressource für Pflanzenbau nutze, müsse man dieses Material besser charakterisieren und optimieren.

Nachrichtenquelle: geo.de

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