Schwindelerregend erfolgreich: Drei große Hochstapler in der Geschichte und ihre kuriosen Trickbetrüge

Sie lügen und betrügen, führen die Gesellschaft hinters Licht und halten ihr dabei den Spiegel vor: Hochstapler. Mit Kreativität und Ideenreichtum, Raffinesse und einer Portion Dreistigkeit haben sich einige Betrüger im Laufe der Geschichte Reichtum und Ansehen ergaunert. Wir stellen drei von ihnen vor und erzählen ihre Geschichten

Victor Lustig: der Mann, der den Eiffelturm verkaufte

Nicht immer war der Eiffelturm das Wahrzeichen von Paris, im Jahr 1925 war er vor allem ein großer Haufen maroder Stahl, den die Stadt gerne loswerden wollte. Während die Pariser Öffentlichkeit und die Medien noch darüber spekulierten, was mit dem Eiffelturm geschehen solle, erkannte Viktor Lustig seine Chance. Der Mann war unauffällig, aber elegant, beherrschte fünf Sprachen – und verkaufte kurzerhand den Eiffelturm. Dies gelang ihm durch einen Trickbetrug.

Victor Lustig verschickte an fünf Pariser Schrotthändler eine Anfrage, die allem Anschein nach vom Direktor des Post- und Telegrafenministeriums verfasst wurde. In dem Schreiben ging es um nicht weniger als die Demontage und Entsorgung des berühmten Eiffelturms. Die Angelegenheit sei streng vertraulich, man wolle keinen Skandal provozieren und könne aus diesem Grund kein Treffen im Ministerium anbieten.

Wenige Tage später empfing Victor Lustig die Schrotthändler stattdessen in einem Luxushotel, in dem er bereits als „Graf Victor Lustig“ bekannt war, und lud die Männer anschließend zu einer Besichtigung des Eiffelturms ein. Er kutschierte die Gruppe in einer Limousine zum Ortstermin, passierte mit einer gefälschten Visitenkarte das Kassenhäuschen und trat dabei souverän und überzeugend auf: Wer den Auftrag erhalten wolle, müsse das höchste Angebot abgeben. Bei all dieser Geheimhaltung und Exklusivität fühlten sich die Schrotthändler gebauchpinselt – und natürlich hatte jeder von ihnen die Absicht, die anderen auszustechen.

Zuletzt bat Victor Lustig alle fünf Schrotthändler zum Einzelgespräch – und klagte nebenbei über sein mickriges Gehalt. Tatsächlich fiel einer der fünf Pariser Schrotthändler auf die Falle des Trickbetrügers herein und zahlte ihm ein stattliches Bestechungsgeld. Victor Lustig nahm dankend an, erteilte dem arglosen Händler den Zuschlag und setzte sich kurz darauf nach Wien ab. Doch es geschah – nichts. Denn als der betrogene Schrotthändler den Schwindel bemerkte, war ihm dies derart peinlich, dass er sogar auf eine Anzeige verzichtete.

Italiens heimliche Herren: Historische Bilder aus dem Reich der Mafia (23720)

Nachdem Lustig bemerkte, dass sich in den französischen Medien keine Schlagzeilen zu seinem Jahrhundertcoup fanden, wähnte er sich in Sicherheit und kehrte aus Übermut nach Paris zurück, um seinen Betrug zu wiederholen. Nun aber meldete sich der geprellte Händler bei der Polizei, die sich daraufhin an die Fersen des Hochstaplers heftete. Victor Lustig floh daraufhin in die USA.

Dort tauchte der Trickbetrüger jedoch keineswegs in die Unauffälligkeit ab, sondern haute stattdessen niemand Geringeren als Al Capone persönlich übers Ohr – und gewann trotzdem (oder vielleicht sogar deswegen) dessen Vertrauen. Lustig lieh sich von dem Mafia-Boss 50.000 Dollar und versprach, diesen Geldbetrag mit einem lukrativen Geschäft zu verdoppeln. Insgeheim hatte Lustig allerdings gar keine Investitionsidee, stattdessen deponierte er das Geld in einem Schließfach und wartete ab.

Nach einer Weile kehrte der Betrüger reumütig mit den 50.000 Dollar zu Al Capone zurück mit dem Geständnis, er habe das Geschäft leider nicht erfolgreich abschließen können und würde das Geld daher gern wieder zurückgeben. Der gefürchtete Mafia-Boss war so beeindruckt von so viel Ehrlichkeit, dass er Victor Lustig die harte Abrechnung ersparte und ihm stattdessen noch 5000 Dollar schenkte.

Im Jahr 1935 wurde Victor Lustig im US-Bundesstaat Pennsylvania schließlich doch wegen Geldwäsche zu einer Haftstrafe auf der berüchtigten Gefängnisinsel Alcatraz verurteilt. Durch seinen Trickbetrug bei Al Capone hatte Victor Lustig in der Halbwelt des organisierten Verbrechens jedoch einen mächtigen Freund mehr – dieser hielt während seiner Zeit im Gefängnis die schützende Hand über ihn.

Gregor MacGregor: Erfinder des Fürstentums Poyais

An Bord der „Kennersley Castle“ verließen 180 Auswanderinnen und Auswanderer im Januar 1823 frohen Mutes den Londoner Hafen. Ihr Ziel: Poyais in Mittelamerika, ein sagenhaft reiches Fürstentum mit fruchtbarem Land und mildem Klima, in dem es noch dazu kaum Steuern zu zahlen gilt.

Ein nur wenige Wochen zuvor veröffentlichter, 350 Seiten starker Reiseführer beschrieb das Land als ein wahres Paradies mit fruchtbaren Böden, exotischen Pflanzen, kristallklarem Wasser, Meerestieren im Überfluss und tonnenweise Goldstaub in den Flüssen. Wer in diesem Fürstentum Landwirtschaft betreiben würde, würde schon bald mit reicher Ernte und satten Gewinnen belohnt werden. Sogar die Ureinwohner würden bereitwillig für monatlich 25 Schilling auf den Feldern arbeiten, zögen es allerdings vor, in Kleidung und Tand entlohnt zu werden.

Und obwohl Poyais beinahe 8000 Kilometer von Großbritannien entfernt lag, müsste dort niemand auf die gewohnten Vorzüge verzichten: Großzügige Villen und prachtvolle Boulevards, ein Theater und ein Opernhaus seien Teil von St. Joseph, der aufstrebenden Hauptstadt des Fürstentums – so haben es Kupferstiche den Auswanderenden vor ihrer Abfahrt vermittelt.

Gregor MacGregor (1786-1845), Portrait von 1822
Gregor MacGregor erfand im 19. Jahrhundert kurzerhand das Fürstentum Poyais in Mittelamerika – eine dreiste Fiktion
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Angesichts dieser großartigen Aussichten haben viele der Auswandernden ihr gesamtes Hab und Gut verkauft und vor der Abfahrt Grundstücke in Poyais erworben. Das restliche Vermögen haben sie in frisch gedruckte „Poyais-Dollar“ umgetauscht, die sicher verstaut in Taschen und Kisten an Bord der „Kennersley Castle“ lagen.

Was so gut klingt, hat einen entscheidenden Haken: Poyais gibt es nicht. Das Fürstentum ist die dreiste Fiktion des schottischen Hochstaplers Gregor MacGregor, der sich in London als „Cazique von Poyais“, Fürst von Poyais, einen Namen gemacht hatte und schnell zum Star der feinen Gesellschaft aufstieg.

MacGregor war zum Zeitpunkt des großen Betrugs 36 Jahre alt und bereits ein erfahrener Täuscher und Schwindler. Er wusste, dass kaum etwas seine Zeitgenossen so stark überzeugte wie das gedruckte Wort. In Zeitungsanzeigen und auf Flugblättern bewarb er das reiche Fürstentum, schrieb einen Reiseführer, entwarf eine Flagge für sein Land und eröffnete mitten in London sogar eine diplomatische Vertretung von Poyais.

Dass all dies nur ein riesengroßer Bluff war, erkannten die Auswanderinnen und Auswanderer erst gut acht Wochen nach ihrer Abreise in London und bei der Ankunft im vermeintlichen Fürstentum Poyais, das sich als die so genannte Moskitoküste herausstellte, eines auf dem Boden der heutigen Staaten Honduras und Nicaragua liegenden Territoriums.

Wie erstmals ein Täter mithilfe von Fingerabdrücken überführt wurde (23684)

Statt moderner Hafenanlagen und einer prosperierenden Stadt sahen die Frauen und Männer nur einen Strand und undurchdringliches Gebüsch. Statt komfortabler Herrenhäuser existierten nur ein paar Bambushütten und Zelte aus Palmblättern – Behausungen der ersten Auswanderinnen und Auswanderer aus Großbritannien, die bereits vor einem Vierteljahr auf Gregor MacGregors Geschichten hereingefallen und an diesen Ort gebracht worden waren. Trotzdem wollte niemand mit dem Schiff zurückfahren – dass der überaus menschenfreundliche Fürst von Poyais sie belogen haben könnte, konnten sich die Menschen schlicht nicht vorstellen.

Die „Kennersley Castle“ segelte bald darauf ohne Passagiere davon, die rund 250 Menschen blieben in der Einöde zurück. Kurze Zeit später starben die ersten an Gelbfieber und Malaria, andere wurden krank vom schmutzigen Trinkwasser und wieder andere begingen aus Verzweiflung Suizid. Mindestens 180 Frauen und Männer kamen an der Moskitoküste ums Leben. Nur weniger als 50 von ihnen schafften die Rückkehr nach Großbritannien, nachdem die Besatzung des vorbeifahrenden Schoners „Mexican Eagle“ die gestrandeten Menschen entdeckte und mitnahm.

Als im Herbst 1823 bekannt wurde, dass eine Gruppe Überlebender sich auf der Rückreise nach England befand, flüchtete Gregor MacGregor mit seiner Familie nach Paris – doch nicht etwa, um unterzutauchen, sondern um seinen Schwindel erneut zu beginnen! Zwar wurden die französischen Beamten bald misstrauisch und verhafteten MacGregor – doch acht Monate Untersuchungshaft sind die einzige Strafe, die Gregor MacGregor je für die Katastrophe an der Moskitoküste verbüßen musste.

Harry Domela: der falsche Prinz

Als im Jahr 1927 Harry Domelas Buch mit dem Titel „Der falsche Prinz“ im Berliner Malik-Verlag erschien, avancierte es zum Bestseller. Die Memoiren des Hochstaplers wurden in sechs Auflagen mit mehr als 120.000 Exemplaren verkauft. „Leben und Abenteuer von Harry Domela“, so der Untertitel des Buches, brachte Tausende Leserinnen und Lesern zum Schmunzeln und trieb der feinen Gesellschaft, besonders in Thüringen, Berlin und Potsdam, die Schamesröte ins Gesicht.

Wochenlang hatte Harry Domela die Oberschicht an der Nase herumgeführt und sich als „Baron von Korff“, als „Graf von der Recke“ und schließlich in seiner Paraderolle, als „Prinz Wilhelm von Preußen“, den ältesten Sohn des Kronprinzen und Enkel des letzten deutschen Kaisers, ausgegeben – mit großem Erfolg.

Harry Domela
Der deutsche Hochstapler Harry Domela sorgte als „falscher Prinz“ Wilhelm von Preußen im Jahr 1926 für Aufsehen (Fotografie vom 6. Januar 1931)
© picture alliance / IMAGNO/Austrian Archives (S) | Austrian Archives (S)

In Wahrheit aber war Harry Domela im Jahr 1905 als Sohn deutsch-baltischer Eltern im heutigen Litauen zur Welt gekommen, hatte in den Wirren des Krieges als Kindersoldat gekämpft und war 1919 nach Deutschland abgeschoben worden. In Berlin angekommen, hielt er sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und merkte, dass er als „Ausländer“ in Deutschland ohne klare Identität keine Legitimation besaß.

Wegen kleinerer Diebstähle und Betrügereien wanderte Domela immer wieder ins Gefängnis und lernte schließlich an der Seite von Betrügern, dass Namen keineswegs nur Schall und Rauch sind, sondern in manchen Situationen auch sehr nützliche Werkzeuge sein können.

So beschloss Harry Domela im Jahr 1926, sich in den Prinzen Wilhelm von Preußen zu verwandeln – eine Entscheidung, die den mittellosen Mann, der sich zu dieser Zeit in Potsdam als glückloser Tabakwaren-Verkäufer versuchte, bald sehr berühmt machen sollte. Zwar waren die Hohenzollern schon längst nicht mehr an der Macht, doch das Prestige der Dynastie wirkte immer noch nach, vor allem bei Vertretern des Bürgertums, das dem untergegangenen Kaiserreich hinterhertrauerte.

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Als sich Domela als Adliger ausgab, elegant durch die Hotelhallen schreitend und seine falschen Namen in die Goldenen Hausbücher eintragend, öffneten sich dem charmanten jungen Mann plötzlich die Pforten der höheren Gesellschaft. Er wurde umschwärmt und zu Jagden, feinen Diners und in die Oper eingeladen.

Schon bald hielt die höhere Gesellschaft Domela, der sich zunächst „nur“ als Baron ausgab, wegen seines weltgewandten Auftretens für den ältesten Sohn des deutschen Kronprinzen, der unter falschem Namen reiste. Harry Domela spielte das Spiel nur allzu gerne mit, hatte er in seinem wahren Leben bereits als Junge viel Leid erfahren müssen. Die blanke Not hatte ihn zum Hochstapler gemacht.

Schnell verbreitete sich die Nachricht vom hohen Besuch in Potsdam, Berlin und ganz Thüringen. Erfurt, Gotha, Weimar waren nur einige von Harry Domelas Stationen und wo er nur konnte, prellte der Betrüger die feine Gesellschaft. Seine Masche ging eine Weile auf, Domela überzeugte durch die perfekte Illusion undurchdringlichen Machtgebarens. Der Staat, in dem Domela mit seiner echten Identität nichts erreichen konnte, erhielt von ihm als Antwort eine groteske Anpassung seiner Person, die sich zum entlarvenden Gelächter auswuchs.

Als die Presse schließlich begann, über den vermeintlichen Hohenzollern-Spross zu berichten, wurde es für Harry Domela gefährlich. Er versuchte, sich nach Frankreich abzusetzen, aber vergebens. Noch bevor er den Zug besteigen konnte, wurde der falsche Prinz verhaftet. Der Prozess geriet zum Medienspektakel und in seiner siebenmonatigen Haft schrieb Domela notizartig seine Memoiren nieder.

Diese wurden zum Bestseller und lösten einen Skandal aus. Harry Domelas erfolgreiche Hochstapelei spiegelte das Scheinhafte einer Gesellschaft wider, in der Lügen ein notwendiger Teil des Erfolgssystems sind. Die Hochstapelei als Modellfall eines Prinzips, das von unten nach oben funktioniert. Später wurden seine Erlebnisse verfilmt. In der Hauptrolle: Harry Domela.

Nachrichtenquelle: geo.de

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