Gegen den Klimawandel: Künstliche Wal-Exkremente sollen die Weltmeere retten

Ein internationales Forschungsteam arbeitet an einer Methode, künstliche Wal-Exkremente herzustellen und diese im Indischen Ozean zu verbreiten. Mit dem hergestellten Dünger sollen das Fischwachstum angekurbelt und die Meere vor den Folgen des Klimawandels geschützt werden

In den Weltmeeren hat alles seinen Nutzen: Tote Muscheln, abgestorbene Pflanzenreste, ja sogar Fäkalien. Denn Wal-Kot wirkt wie ein natürlicher Dünger. „Gärtner der Meere“ werden die anmutigen Tiere deshalb auch genannt. Die Meeressäuger nehmen in der Tiefe Nahrung auf – vor allem Krill. Später dann scheiden sie die verdaute Nahrung in Form von Kot vorzugsweise an der Wasseroberfläche wieder aus. Diese Fäkalie enthalten für Pflanzen und Tiere wichtige Nährstoffe.

Die stickstoffhaltigen Fäkalien der Wale düngen das Wasser nahe der Oberfläche mit großen Mengen Nitrat und Eisen, was wiederum die Menge an Phytoplankton und Krill drastisch steigert. Das wirkt sich auf die Nahrungskette der Ozeane aus und fördert das Fischwachstum.

Außerdem könnten Fäkalien im Wasser sogar den Klimawandel dämpfen, berichtete ein Forschungsteam der kalifornischen Stanford University im Fachblatt „Nature“ im November vergangenen Jahres: Größere Mengen Phytoplankton könnten mit ihrer Photosynthese wesentlich mehr CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen und es zu Kohlenstoff binden – und auf diese Weise den Klimawandel schwächen.

Gleichzeitig sind Wale selbst große Speicher für Kohlenstoff. Stirbt ein Wal, sinkt er auf den Meeresboden hinab und lagert dort bis zu Hunderte Jahre lang. Da der Kohlenstoff in dessen Kadaver langfristig gebunden ist, bildet sich daraus kein klimaschädliches CO2.

In den Ozeanen herrscht ein Mangel an Wal-Exkrementen

Was in der Theorie gut klingt, hat einen entscheidenden Haken: Heutzutage herrscht in den Ozeanen ein akuter Mangel an Walen und damit auch an Wal-Exkrementen. Die massive Waljagd, der stetig zunehmende Schiffsverkehr und die Verschmutzung der Ozeane bedrohen die Meeressäuger. In den vergangenen Jahrhunderten ist die Walpopulation massiv eingebrochen. Heute gibt es weltweit nur noch etwa fünf Prozent des ursprünglichen Bestandes. Deshalb fehlen den Ozeanen die wichtigen Nährstoffe aus dem Wal-Kot.

Wale und Schiffskollisionen

Die logische Schlussfolgerung: Eine wachsende Walpopulation wäre für die ozeanischen Ökosysteme und das Klima die beste Lösung. Doch bisherige Bemühungen der Weltgemeinschaft, die Zahl der Wale in den Meeren wieder zu erhöhen, blieben erfolglos. Im Gegenteil: Die Zahl der Wale ist weiter gesunken. Dass die Bestände wieder ihr ursprüngliches Niveau erreichen werden, erscheint in der aktuellen Situation eher unrealistisch.

Ein Forschungsteam um das Centre for Climate Repair an der Universität Cambridge, das sich mit alternativen Methoden der „Klimaintervention“ beschäftigt, hat deshalb einen Plan entwickelt: Der nötige Wal-Kot soll künstlich hergestellt werden. Bereits in den kommenden Wochen will das internationale Wissenschaftlerteam damit beginnen, in einem ersten Testlauf künstliche Wal-Fäkalien im Indischen Ozean auszustreuen.

Reishülsen sollen künstlichen Wal-Kot transportieren

Hergestellt werden sollen die künstlichen Wal-Exkremente mithilfe von gebackenen Reishülsen, die als Abfallprodukt aus einer Reisfabrik nahe der indischen Stadt Goa bezogen werden. Die Reishülsen sollen das Gemisch aus Nitraten, Silikaten, Phosphaten und Eisen dann auf der Meeresoberfläche entsprechend verteilen.

Handel mit Haiflossen

„Wir versuchen, den Ozean neu zu bevölkern“, sagte David Anthony King im Februar dem Magazin „New Scientist“. Der ehemalige wissenschaftliche Chefberater der britischen Regierung leitet mittlerweile das Centre for Climate Repair in Cambridge. „Ich weiß nicht, ob das Experiment die endgültige Antwort sein wird. Aber mich reizt der Gedanke es zu versuchen, solange wir dem Ozean nicht schaden.“

Zunächst wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den künstlichen Wal-Kot auf einer relativ kleinen Fläche verstreuen und danach beobachten, ob die gewünschten Effekte eintreten oder es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt. Wenn sich die Methode als sicher erweist, wird entschieden, ob sie in größerem Umfang umgesetzt wird.

Nachrichtenquelle: geo.de

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