Überraschungsfund: 300 Jahre alte Schwammgärten leben im Arktischen Ozean von ausgestorbenen Tieren

Überraschungsfund am Nordpol: Auf dem Grund des eisbedeckten Meeres finden Forschende üppige Schwammgärten. Die Jahrhunderte alten Schwämme ernähren sich von Überresten längst ausgestorbener Tiere – und nutzen dazu Mikroben

Sie leben in einer äußerst unwirtlichen Umgebung und ernähren sich von Überresten längst ausgestorbener Tiere: Auf dem Grund des Arktischen Ozeans haben Forschende in der Nähe des Nordpols riesige Schwammgärten entdeckt. In der extrem nährstoffarmen Umgebung haben die durchschnittlich 300 Jahre alten Schwämme ihre eigene ökologische Nische geschaffen.

Den überraschenden Fund und den bislang völlig unbekannten Lebensraum beschreibt das internationale Team um Teresa Morganti und Antje Boetius vom Bremer Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie im Fachblatt „Nature Communications“.

Die Forschenden entdeckten die Schwammgärten im Herbst 2016 bei einer Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff „Polarstern“ im zentralen Arktischen Ozean. Diese Meeresregion ist weitgehend unerforscht und ständig von Eis bedeckt. Daher gibt es nur wenig Licht für das Wachstum von Algen, so dass kaum Nährstoffe die tieferen Wasserschichten erreichen.

Schwämme wachsen in 600 bis 700 Metern Tiefe

Umso überraschender ist es, dass das Team ausgerechnet hier das üppige Ökosystem entdeckt hat. Schwämme gelten generell als einfache Tiere, die gewöhnlich Nahrungspartikel aus dem Wasser filtern. Sie sind in allen Ozeanen vertreten – von flachen tropischen Riffen bis zur arktischen Tiefsee.

Schwämme in der arktischen Tiefsee
In der arktischen Tiefsee wurden auf den Gipfeln erloschener Unterwasservulkane ein überraschend reiches und dicht besiedeltes Ökosystem, das dominiert ist von Schwämmen, entdeckt
© Alfred-Wegener-Institut

Die nun gefundenen Schwämme wachsen in grob 600 bis 700 Metern Tiefe auf einer Fläche von mehr als 15 Quadratkilometern auf einem Gebirgsrücken. „Auf den erloschenen vulkanischen Seebergen des Langseth-Rückens fanden wir riesige Schwammgärten, aber wir wussten nicht, wovon sie sich ernähren“, wird Expeditionsleiterin Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts (AWI), in einer Mitteilung zur Studie zitiert.

Auf den unterseeischen Vulkanen gedieh offenbar schon in der Vergangenheit reichhaltiges Leben. Die vor Jahrtausenden aus dem Inneren des Meeresbodens austretenden Substanzen förderten lange Zeit ein Ökosystem mit vielen Tieren wie etwa Muscheln und röhrenbauenden Ringelwürmern. Diese Tiere starben hier zwar aus, ihre Überreste wie Röhren und Schalen blieben jedoch zurück und liefern nun Nährstoffe wie Eiweiß und Chitin.

Geodia-Schwämme enthalten pro Gramm Körpergewebe bis zu 100 Millionen Mikroorganismen

Bei deren Abbau helfen den Geodia-Schwämmen, die das entdeckte Ökosystem dominieren, reichhaltige Gemeinschaften von Mikroorganismen. „Die Mikroben haben genau den richtigen Werkzeugkasten für diesen Lebensraum“, sagt Ko-Autorin Ute Hentschel vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Sie haben die Gene, um widerstandsfähige partikuläre und gelöste organische Stoffe abzubauen und diese als Kohlenstoff- und Stickstoffquelle zu nutzen, neben einer Reihe chemischer Energiequellen, die dort zur Verfügung stehen.“ Geodia-Schwämme könnten pro Gramm Körpergewebe bis zu 100 Millionen Mikroorganismen enthalten, schreibt das Team unter Verweis auf frühere Studien.

Der Fisch und ich

Die Schwämme selbst wiederum produzieren Nadeln (Spiculae), die eine Matte bilden, auf der die Tiere kriechen. Auf den rauen Matten lagern sich Partikel ab, die von den Mikroben angezapft werden können. Bei dem Fund handele sich sowohl um die nördlichste als auch um die dichteste bislang bekannte Kolonie von Geodia-Schwämmen, betont das Team.

„Dies ist ein einzigartiges Ökosystem. So etwas haben wir in der hohen Zentralarktis noch nie gesehen“, sagt Boetius. „Angesichts des schnellen Rückgangs der Meereisbedeckung und der sich verändernden Meeresumwelt ist es unerlässlich, solche Hotspot-Ökosysteme besser zu verstehen, um die einzigartige Vielfalt der unter Druck stehenden arktischen Meere zu schützen und zu verwalten.“

Nachrichtenquelle: geo.de

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