Europa: Mutig geht anders: EU will Qualen auf Tiertransporten mindern – und verpasst eine riesige Chance

Das EU-Parlament hat einen besseren Schutz von Tieren auf Transporten gefordert. Die Abgeordneten verabschiedeten die Ergebnissen einer monatelangen Untersuchung, die teils erschütternde Erkenntnisse lieferte. Doch vieles bleibt ein Weiter-so

Gebrochene Knochen, blutende Wunden. Tote Körper im Dreck. Seit Jahren dokumentieren Tierrechtler und Aktivistinnen das Leid bei Tiertransporten. Aber Konsequenzen gab es bis jetzt wenige, zu leicht lassen sich solche Fälle abtun: als Kollateralschäden einer ansonsten gesunden Branche. 

Das geht jetzt nicht mehr. Die EU-Gesetze für Tiertransporte sind mangelhaft und werden systematisch gebrochen: Zu dem Schluss kommt der Untersuchungsausschuss, der das letztes Jahr geprüft hat. Gestern hat das EU-Parlament die Ergebnisse bestätigt.

Viele Monate lang habe ich die EU-Arbeit bis hierher begleitet. Es geschieht nicht oft, dass das europäische Parlament einen Untersuchungsausschuss einberuft, und nur, wenn grobe Verstöße und Fehlverhalten vermutet werden. Die hat der Ausschuss gefunden. Und Empfehlungen ausgesprochen, was die EU-Kommission tun soll, damit sich die Lage der Milliarden Rinder und Schafe, Ziegen und Pferde, Hühner und Enten verbessert, die jedes Jahr in und aus der EU transportiert werden. 

Die EU hat sogar eine riesige Chance verpasst

Wichtige Dinge stehen in dem Papier. Zum Beispiel, dass Kälbchen nicht mehr transportiert werden dürfen, die jünger als vier Wochen sind. Dann wissen sie nämlich noch gar nicht, wie sie an den Metalltränken im Lkw nuckeln sollen – und mussten bisher auf dem Weg Durst und Hunger ertragen. 

Und: Die Abgeordneten bekennen sich klar dazu, dass sich das System insgesamt ändern muss. Immerhin hat sich die Zahl der langen Transporte (zwischen 8 und 24 Stunden) und sehr langen Transporte (mehr als 24 Stunden) zwischen sich 2005 und 2015 fast verdoppelt. Jetzt soll die EU dafür sorgen, dass solche langen Wege unnötig werden: mit mehr regionaler Produktion, mobilen Schlachthäusern und Fleisch- statt Lebendexporten.GEO2202 Tiertransporte

Das klingt alles zwar gut – war aber auch längst überfällig. Die EU hat sogar eine riesige Chance verpasst: Denn das Parlament hat heute gleichzeitig dagegen gestimmt, Tiertransporte generell auf acht Stunden zu begrenzen. Und auch in Nicht-EU-Länder darf weiter exportiert werden – obwohl bekannt ist, dass die Bedingungen dort oft katastrophal sind und Tierwohl keine Rolle spielt. 

„Es geht nicht nur um Tiertransporte, sondern um unsere Zukunft“

Dafür wurden die Empfehlungen, die der Untersuchungsausschuss im Dezember vorgelegt hat, sogar noch mal aufgeweicht: Ursprünglich sollten Tiere im letzten Drittel ihrer Trächtigkeit nicht mehr transportiert werden dürfen. Aber den Abgeordneten ging das zu weit: Sie wollten solche Transporte nur auf vier Stunden begrenzen. Hochschwangere Tiere dürfen also weiter verladen werden, obwohl das anstrengend ist und es zu Frühgeburten kommen kann – die Neugeborenen sterben dann oft noch auf der Ladefläche. 

Dass das Parlament aber überhaupt abgestimmt hat und die EU-Kommission jetzt neue Regeln erarbeitet – das ist an sich ein Erfolg. Und der ist vielen, vielen Menschen zu verdanken. Den NGOs, die das Leid der Tiere dokumentieren. Den Veterinär*innen, die sich weigern, Transporte abzufertigen. Und der öffentlichen Meinung, denn die meisten Menschen lehnen Tiertransporte ab. Jetzt kommt es darauf an, wie ernst es die Politik damit meint, das System von Agrarwirtschaft und Markt umzubauen. „Es geht nicht nur um Tiertransporte, sondern um unsere Zukunft“, sagt Grünen-Abgeordnete Tilly Metz, die den Untersuchungsausschuss geleitet hat. „Wie wir leben, was wir essen, und wie wir mit anderen Lebewesen umgehen.“ 

Nachrichtenquelle: geo.de

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