Klimatechnik: Neuartige Dach- und Fensterbeschichtungen: kühl im Sommer, warm im Winter

Im Sommer kühlen, im Winter heizen: Zwei Forscherteams haben Beschichtungen für Fenster und Dächer entwickelt, die die Energiebilanz von Häusern deutlich verbessern könnten

Im Sommer kühl, im Winter warm: Zwei Forschungsgruppen haben Beschichtungen für Dächer und Fenster entwickelt, die Häuser je nach Jahreszeit kühlen oder wärmen. Bisher leisteten entsprechende Beschichtungen nur eines von beiden, entweder Kühlung oder aber Aufheizung. Die Erfindungen ermöglichten es in vielen Klimazonen, sowohl Kosten für Klimaanlagen als auch für Heizungen einzusparen, schreiben die beiden Teams aus Kalifornien und Singapur in der Fachzeitschrift „Science“. Denn auf Gebäude entfallen rund 40 Prozent des weltweiten Energiebedarfs.

Kühlende Beschichtungen oder Anstriche nutzen das sogenannte atmosphärische Fenster: Die Lufthülle der Erde ist weitgehend durchlässig für Wärmestrahlung mit einer Wellenlänge von 8 bis 13 Mikrometern (Tausendstel Millimetern). Materialien, die ihre Wärmestrahlung hauptsächlich in diesem Infrarotbereich abgeben, können die Wärme direkt ins Weltall abführen und heizen nicht die Umgebung auf. Werden solche Materialien auf Dächern, Fassaden oder Fenstern aufgebracht, kühlen sie das Haus passiv, also ohne Energieverbrauch.

Das Problem ist nun, dass diese Strahlungskühlung auch in kalten Nächten oder im Winter erfolgt. Daher sind kühlende Beschichtungen in vielen Klimazonen nicht sinnvoll, weil sie die Heizkosten erhöhen. „Vor einigen Jahren habe ich mich gefragt, ob es ein Material gäbe, das automatisch zwischen Strahlungskühlung bei heißem Wetter und Wärmespeicherung bei kaltem Wetter umschalten könnte“, wird Junqiao Wu von der University of California in Berkeley in einer Mitteilung seiner Universität zitiert.Heizen

Wu dachte an Vanadiumdioxid, das bis 67 Grad Celsius durchlässig für Wärmestrahlung im nahen Infrarotbereich ist und bei höheren Temperaturen undurchlässig für diese Strahlung wird. Indem die Wissenschaftler 1,5 Prozent des Vanadiums durch Wolfram ersetzten, sank die Temperatur für den Wechsel zwischen Durchlässigkeit und Undurchlässigkeit für Nahinfrarotstrahlung auf 22 Grad Celsius. Zusammen mit einer Bariumfluorid- und einer Silberschicht sorgt die Beschichtung dafür, dass bei über 30 Grad Celsius 90 Prozent der Wärmestrahlung ins Weltall abgegeben werden, bei weniger als 15 Grad nur 20 Prozent. Dazwischen liegt eine Übergangszone.

„Strahlungsbeschichtung“ könnte den Energiebedarf von Häusern senken

Die Forscher nennen ihre Erfindung TARC (temperature-adaptive radiative coating, etwa: sich der Temperatur anpassende Strahlungsbeschichtung). „Wenn TARC installiert ist, könnte der durchschnittliche Haushalt in den USA bis zu 10 Prozent Strom sparen“, sagt Erstautor Kechao Tang. Das habe sich aus Versuchen und zahlreichen Simulationen ergeben. Forschungsleiter Wu geht davon aus, dass TARC auch als Wärmeschutzbeschichtung für Batterien, Autos und sogar Satelliten in Frage kommt.

Sehr ähnlich ist die Erfindung eines Forschungsteams um Yi Long von der Nanyang Technological University in Singapur. Allerdings konzentrierten sich Long und Kollegen auf Fenster, die etwa 60 Prozent zum Energieverlust von Gebäuden beitragen. Auch diese Forscher verwendeten wolframdotiertes Vanadiumoxid als zentrale Komponente ihrer Beschichtung, außerdem den Kunststoff PMMA und Indiumzinnoxid, damit die Fensterscheiben durchsichtig bleiben. Die Beschichtung schickt bei hohen Temperaturen 90 Prozent der Wärmestrahlung in den Weltraum, bei niedrigen Temperaturen nur zehn Prozent.

In Simulationen ermittelten die Wissenschaftler eine höhere Energieeinsparleistung in allen Klimazonen, verglichen mit kommerziellen Gläsern mit niedriger Wärmeabstrahlung (low emissivity). Den Berechnungen zufolge könnte die jährliche Energieeinsparung bis zu 324,6 Megajoule pro Quadratmeter Fensterfläche betragen, wobei 3,6 Megajoule einer Kilowattstunde entsprechen. „Diese Art Technologie hat das Potenzial, die Kohlendioxid-Emissionen im Zusammenhang mit Heizen und Kühlen zu reduzieren und die Nachhaltigkeit von Gebäuden zu verbessern“, schreiben die Forscher.

Nachrichtenquelle: geo.de

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