Südamerika: Mindestens 17 Millionen tote Wirbeltiere nach Waldbränden im Pantanal

Gegen Feuer haben viele Tiere keine Chance. Nach den verheerenden Bränden 2020 im Pantanal ziehen Forscher eine Bilanz zur Zahl der toten Wirbeltiere. Sie ist erschreckend – und sehr wahrscheinlich noch untertrieben.

Mindestens 17 Millionen Wirbeltiere starben unmittelbar infolge der verheerenden Brände im südamerikanischen Pantanal, einem der größten Binnenland-Feuchtgebiete der Erde. Darunter waren vor allem Schlangen, kleine Nagetiere und Vögel, aber auch größere Tiere wie Beutel-, Gürtel- oder Huftiere. Das berichten Forschende im Fachmagazin „Scientific Reports“, nachdem sie auf der verbrannten Fläche die Kadaver gezählt hatten. Die tatsächliche Zahl der getöteten Tiere sei vermutlich erheblich größer, weil etwa unterirdisch lebende Arten oder komplett verbrannte oder unter Asche verborgene Tiere nicht aufgefunden werden können.

Das Pantanal liegt im Zentrum Südamerikas und umfasst nach Angaben der Forscher eine Gesamtfläche von 179 400 Quadratkilometern. Das entspricht etwa der halben Fläche von Deutschland. Der mit 78 Prozent größte Teil des Feuchtgebiets gehört zu Brasilien, der übrige Teil liegt in Bolivien (18 Prozent) und Paraguay (4 Prozent). Die Artenvielfalt in der Region ist immens, dort kommen allein mehr als 580 Vogelarten vor – mehr als in ganz Europa. Außerdem ist die Gegend Heimat von mindestens 174 Säuger-, 131 Reptilien-, 269 Fisch-, 57 Amphibien- und mehr als 2000 Pflanzenarten.

Die Farmer brennen traditionell Waldgebiete ab

Die Überreste eines Kapuzineraffens im südamerikanischen Pantanal – 2020 seien hier zwischen Januar und November mehr als 39 000 Quadratkilometer von Bränden betroffen gewesen
Die Überreste eines Kapuzineraffens im südamerikanischen Pantanal – 2020 seien hier zwischen Januar und November mehr als 39 000 Quadratkilometer von Bränden betroffen gewesen
© Lawrence Wahba Foto: Lawrence Wahba

Wirtschaftlich wird in dem Gebiet vor allem Rinderhaltung betrieben. Die Farmer brennen traditionell Waldgebiete ab, um neue Weideflächen zu schaffen. Geraten diese Feuer außer Kontrolle, können riesige Flächenbrände entstehen. Der Klimawandel erhöhe das Risiko von Bränden erheblich, schreibt das Team um Walfrido Moraes Tomas von Embrapa Pantanal, einer Forschungseinrichtung des Landwirtschaftsministeriums in Brasilien. Schließlich seien auch unzureichende Strategien zur Landschaftspflege ein treibender Faktor für die zunehmende Häufigkeit und Intensität katastrophaler Brände.

Vor allem die Häufung extremer Dürren werde mit einer wachsenden Häufigkeit von Waldbränden auch in anderen Regionen der Erde in Verbindung gebracht. Für das Pantanal werde im Zuge des Klimawandels mit einer Abnahme der Regenfälle, mit höheren Temperaturen und mehr Extremwetterereignissen gerechnet. Im Jahr 2019 seien dort mehr als 16 000 Quadratkilometer Fläche verbrannt, 2020 seien zwischen Januar und November mehr als 39 000 Quadratkilometer von Bränden betroffen gewesen.

16 Millionen verbrannte kleine Wirbeltiere

Die Forschenden suchten in den betroffenen Regionen entlang von 126 Längspfaden durch die Fläche bis zu 48 Stunden nach einem Brand nach den Kadavern von Tieren. Sie fanden insgesamt 302. Bei den meisten konnten sie die Art oder Gattung bestimmen. Hochgerechnet auf die Gesamtfläche ergab sich eine Zahl von 16 Millionen verbrannten kleinen Wirbeltieren mit einem Gewicht von unter zwei Kilogramm. Hinzu kämen knapp eine Million mittlerer bis großer Wirbeltiere, wie Kaimane, Ameisenbären, Primaten oder Huftiere.

GEO+ Teaser Artensterben

„Der Verlust von 17 Millionen Tieren im brasilianischen Pantanal ist eine Tragödie, die der Weltgemeinschaft den Atem rauben sollte“, sagt Fernando Tortato, einer der beteiligten Forscher. „Angesichts der Wahrscheinlichkeit, dass die Häufigkeit und Intensität von Waldbränden nicht nur im Pantanal-Ökosystem, sondern weltweit aufgrund des Klimawandels zunehmen wird, ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um den Kurs umzukehren und das millionenfache Sterben der außergewöhnlichen Tierarten unseres Planeten zu verhindern.“

Mehr Tiere sind wohl an den Folgen der Brände gestorben

Das Pantanal umfasst nach Angaben der Forscher eine Gesamtfläche von 179 400 Quadratkilometern – im Jahr 2019 seien dort mehr als 16 000 Quadratkilometer Fläche verbrannt
Das Pantanal umfasst nach Angaben der Forscher eine Gesamtfläche von 179 400 Quadratkilometern – im Jahr 2019 seien dort mehr als 16 000 Quadratkilometer Fläche verbrannt
© Fernando Tortato/Panthera

Viel mehr Tiere seien vermutlich nicht unmittelbar, aber an den Folgen der Brände gestorben, etwa an ihren Verbrennungen, Nahrungsmangel oder dem Verlust ihres Lebensraumes. Einige Arten, die nach Angaben etwa von Rettungskräften ebenfalls in den Feuern umgekommen sind, seien bei der Zählung nicht gefunden worden, etwa Pumas, Jaguare oder Flachlandtapire.

Um die Artenvielfalt im Pantanal vor allem im Hinblick auf das in Zukunft eher steigende Risiko von Bränden zu schützen, müssten wirksame Strategien zur Brandvermeidung entwickelt und umgesetzt werden. Matto Grosso und Matto Grosse do Sul – die beiden brasilianischen Bundesstaaten, in denen das Pantanal liegt – hätten entsprechende Vorgaben zur Nutzung von Feuern bereits beschlossen oder arbeiteten daran.

Nachrichtenquelle: geo.de

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