Klimawandel: Mülldeponien setzen so viel Methan wie drei Millionen Rinder frei – allein in Deutschland

Methan hat eine deutlich stärkere Wirkung auf das Klima als Kohlendioxid. Wenn es darum geht, den Klimawandel abzubremsen, ist die Reduzierung von Methan-Emissionen ein wichtiger Baustein. Dabei spielen auch Mülldeponien eine Rolle

Auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow kündigten mehr als 100 Staaten an, ihre Methan-Emissionen deutlich zurückfahren zu wollen. Das Gas, das vor allem in der Tierhaltung und bei der Öl- oder Gasförderung frei wird, heizt den Klimawandel an und trägt auch zur Bildung von Ozon bei, einem bedeutsamen Luftschadstoff. Eine wesentliche Rolle bei der Minderung der Emissionen können auch Deponiebetreiber spielen. Denn beim bakteriellen Abbau organischer Verbindungen auf Mülldeponien wird ebenfalls Methan gebildet. Unter ungünstigen Bedingungen kann es in die Umgebung entweichen, wie erst kürzlich Messungen eines Erdbeobachtungssatelliten zeigten. Die Daten belegten einen erheblichen Ausstoß von Methan aus zwei Deponien nahe der spanischen Hauptstadt Madrid, wie die Europäische Weltraumorganisation (ESA) berichtete. Die Ursache dafür sei unklar.

20 bis 26 Prozent der Methan-Emissionen aus Mülldeponien

Die Klimawirkung von Methan ist etwa 28 Mal stärker als die des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2). Nach Angaben der EU stammen 20 bis 26 Prozent der europäischen Methan-Emissionen aus Mülldeponien. Um diese zu begrenzen, müssen laut geltenden EU-Verordnungen die Deponiebetreiber das entstehende Gas sammeln und entweder verwerten oder zumindest verbrennen. „Pro Tonne ungetrennten Hausmülls entstehen etwa 150 bis 200 Kubikmeter Deponiegas, das zu etwa 60 Prozent aus Methan besteht“, erläutert Martin Reiser vom Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft der Universität Stuttgart. „In gut gemanagten Deponien wird der Abfall gas- und wasserdicht eingeschlossen und das Deponiegas im besten Fall einer Verwertung zugeführt, also Strom und Wärme daraus generiert.“

Allerdings wird das entstehende Methan nicht komplett aufgefangen; wie groß der Anteil ist, hängt vor allem von der Qualität der Anlage ab. Einer Studie aus dem Jahr 2012 zufolge liegt der Erfassungsgrad in Deutschland bei etwa 57 Prozent, in Spanien sind es nur 18 Prozent. Das seien allerdings errechnete Werte, die tatsächlichen Werte aufgefangenen Gases können darüber liegen, sagt Reiser. „In Deutschland sind wir eigentlich ganz gut aufgestellt. Das liegt vor allem daran, dass seit 2005 kein organischer Abfall mehr auf Deponien gelagert werden darf.“

Für die aktuell berichteten hohen Emissionen in Spanien hatten Forscher des niederländischen Weltraumforschungsinstituts ESRON und des Unternehmens GHGSat, das auf satellitengestütztes Umweltmonitoring spezialisiert ist, Messdaten ausgewertet. Die untersuchte Region wurde bei Messungen des Erdbeobachtungssatelliten „Sentinel-5P“ identifiziert. Er überwacht im Rahmen des Copernicus-Programms der EU und der ESA Spurengase in der Atmosphäre, die das Klima und die Gesundheit des Menschen beeinflussen können. Am 20. August entwichen demnach stündlich zusammen gerechnet etwa 8800 Kilogramm Methan aus den beiden Deponien, das seien die höchsten von GHGSat in Europa gemessenen Werte, teilte die ESA mit.

„Methan kann nur sehr schwer wieder einfangen werden“

„Solche hohen Emissionen können bei abgedichteten Deponien entstehen, wenn es etwa zum Ausfall der Gasabsaugung kommt oder wenn Deponieteile geöffnet werden müssen“, erläutert Reiser. „Dann kann der normalerweise bestehende Unterdruck in der Anlage nicht gehalten werden, das Gas entweicht. Wenn keine Oberflächenabdichtung vorhanden ist, sieht das natürlich anders aus.“

In Deutschland setzten alle Deponien zusammen etwa 300 Millionen Kilogramm Methan im Jahr frei. „Das entspricht ungefähr der Methanemission von drei Millionen Rindern. Insgesamt gibt es in Deutschland etwa elf Millionen Rinder“, sagt Reiser, um die Größenordnung zu verdeutlichen.

Trotz des im Vergleich geringeren Ausstoßes seien Deponien ein sinnvoller Ansatzpunkt, wenn es darum geht, die Methan-Emissionen zu senken. „Man muss sich klarmachen, dass man Methan nur sehr schwer wieder einfangen kann, wenn es einmal in die Atmosphäre gelangt ist. Den CO2-Anteil der Atmosphäre kann man zum Beispiel durch Aufforstungsprojekte mindern, das geht bei Methan nicht.“

2019 verpflichten sich die deutschen Deponiebetreiber gegenüber dem Bundesumweltministerium, bis zum Jahr 2027 zusätzlich jährlich eine Million Tonnen CO2-Äquivalent einzusparen. Das soll unter anderem durch weitere Verbesserungen beim Auffangen des Deponiegases möglich werden.

Nachrichtenquelle: geo.de

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