Lebendrupf & Stopfmast: Tierleid für den Festtagsbraten: Das blutige Geschäft mit der Weihnachtsgans

Weihnachten ist ein Fest der Freude und des Friedens – und die Zeit für traditionelle Weihnachtsessen. Doch beliebte Gerichte wie der Gänsebraten bedeuten oft auch auf dem Teller serviertes Tierleid

Die Deutschen lieben die Tradition des Gänsebratens, der in der Weihnachtszeit besonders häufig serviert wird. Rund 12,5 Millionen Gänse werden hierzulande pro Jahr gegessen, vor allem zwischen dem Martinstag am 11. November und Heiligabend. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, entfielen 60 Prozent der Jahresproduktion von Gänsefleisch im Jahr 2020 allein auf die Monate November und Dezember.

Die sogenannten „Martinsgänse“ landen dann als üppiges Festessen auf dem Tisch – das kurze Leben der sozialen und intelligenten Tiere hingegen ist alles andere als festlich. Denn anders, als es Verbraucherinnen und Verbraucher vielleicht angesichts der Vorstellung eines romantischen Weihnachtsfests erwarten würden, stammen die allermeisten Gänse nicht aus der Region und auch nicht aus artgerechter Haltung.

Die meisten Weihnachtsgänse kommen aus Polen und Ungarn

Den größten Teil des in Deutschland angebotenen Gänsefleischs macht Importware aus. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes importierte Deutschland im vergangenen Jahr insgesamt 19.600 Tonnen Gänsefleisch aus dem Ausland, 97 Prozent davon aus Ungarn und Polen. Hierzulande wurden lediglich 4700 Tonnen Gänsefleisch produziert. Was auf den ersten Blick nur Zahlen sind, ist auf den zweiten Blick ein Tierschutzproblem.

In vielen Ländern – darunter auch Ungarn, Bulgarien, Frankreich und Spanien – werden Gänse unter tierquälerischen Bedingungen gehalten. Die Tiere werden dort nach wie vor für die Produktion von Stopfleber mittels langer Metallrohre auf brutale Weise zwangsernährt und meist lebendig gerupft, eine qualvolle Praxis, die zwar in Deutschland gesetzlich verboten ist, aber durch den Import aus diesen Ländern trotzdem im Ausland gefördert wird.

Oft werden die Gänse in Intensivmastbetrieben gehalten, bedeutet: große Bestände, enge Käfige, kürzere Mastperioden, hochkonzentriertes und zum Teil gentechnisch verändertes Futter und künstliches Licht, das die Tage verlängert, damit die Tiere nicht schlafen, sondern stattdessen fressen.

In diesen Lebensmitteln steckt unerwartetes Tierleid (20907)

Meistens haben die Tiere keinen Zugang zu Badestellen. Gänse sind jedoch Wasservögel und brauchen das Wasser etwa zur Gefiederpflege. Im Handel werden solche Tiere gern unter der verheißungsvollen Bezeichnung „Hafermastgans“ vertrieben, die zum Kauf verleiten soll.

„Hafermastgänse werden schon für circa fünf Euro und sogar weniger für das Kilo verscherbelt, eine Verbesserung der Tierhaltung ist bei solchen Preisen unmöglich. Wer so wenig Geld für Gänsefleisch ausgibt, kann nahezu sicher sein, dass dieses aus problematischer Intensivmast stammt“, meint Martin Rittershofen, Kampagnenverantwortlicher für Nutztiere bei der Tierschutzorganisation VIER PFOTEN.

Das Gänsefleisch ist nur noch ein Nebenprodukt

Durch die Stopfleberproduktion und den Verkauf der Federn für die Daunenproduktion macht sich die Aufzucht einer Gans in Osteuropa bereits bezahlt. Die Karkasse der Tiers ist da nur noch ein Nebenprodukt, das dann am Ende zum Beispiel als Weihnachtsgans ohne Innereien verkauft wird. So lässt sich das durch den Verkauf der Fettlebern mitunter mitfinanzierte Gänsefleisch in den deutschen Supermärkten besonders günstig anbieten.

Verbraucherinnen und Verbraucher, die das Billigfleisch im Discounter kaufen, werden so unwissentlich zu Förderern dieses tierquälerischen Systems. Denn wie eine Gans zu ihren Lebzeiten gehalten wurde, lässt sich im Handel kaum erkennen. Bislang gibt es keine europaweite Kennzeichnungspflicht für die Herkunft solcher Produkte.

Die deutschen Geflügelerzeuger fordern genau das. „Für mich bleibt völlig unverständlich, warum es innerhalb der EU nach wie vor möglich ist, Gänse auf so qualvolle Art und Weise zu mästen. Wir fordern deshalb, eine verpflichtende Kennzeichnung für Gänsefleisch in die EU-Vermarktungsnormen aufzunehmen, das aus der Stopfleberproduktion stammt“, meint Lorenz Eskildsen, Vorsitzernder des Bundesverbands Bäuerlicher Gänsehaltung e.V.

Beim Kauf einer Gans auf den Preis und das Herkunftsland achten

Wie also können Menschen, die trotzdem nicht auf den Gänsebraten zu Weihnachten verzichten möchten, zumindest sicherstellen, dass sie ein Tier aus artgerechter Zucht erwerben, damit ihnen der Festtagsbraten angesichts solcher Haltungsbedingungen nicht im Halse stecken bleibt?

Die richtige Prise

Dann sollte zumindest zu einer Bio-Weidegans aus regionaler Haltung gegriffen werden. „Für Freilandgänse sollten Verbraucherinnen und Verbraucher je Kilo mit 15 bis 20 Euro rechnen. Bei Bio-Gänsen fallen circa 25 Euro pro Kilo an. Trotzdem sagt der Preis allein nichts über die Haltungsbedingungen aus, daher sollte man zusätzlich auf verlässliche Siegel wie ‚Auslaufhaltung‘, ‚Freilandhaltung‘, ‚Weideganshaltung‘ oder das Bio-Siegel sowie auf das Herkunftsland, am besten Deutschland, achten“, empfiehlt Martin Rittershofen von VIER PFOTEN.

Orientierung gibt auch eine Untersuchung des Verbrauchermagazins Öko-Test. Dieses nahm im Jahr 2017 verschiedene Weihnachtsgans-Produkte unter die Lupe. Drei Gänse aus Deutschland erhielten die Note „sehr gut“:

  • Bio-Gans vom Landwirtschaftsbetrieb Heiko Müller, zertifiziert von Bioland
  • Bio-Gans Hof Kunath, zertifiziert von Demeter
  • Bühler Bio-Gans, zertifiziert von Bioland

Besondere Vorsicht ist außerdem in der Gastronomie geboten. Hier sollte man sich nicht von schön klingenden, aber nicht geschützten Bezeichnungen wie „Bäuerliche Aufzucht“ blenden lassen, sondern sich vor der Bestellung genau nach der Herkunft des Gänsefleisches erkundigen.

Nachrichtenquelle: geo.de

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