Essbares am Wegesrand: Obstdiebstahl wird zunehmend zum Problem – wie Bauern sich schützen

Rotbackige Äpfel hängen jetzt an vielen Bäumen am Wegesrand. Manche Menschen greifen einfach zu. Doch meist gehören die Bäume Obsthöfen, die dann den Schaden haben. Wie können sie sich schützen?

Einen Apfel im Vorbeigehen schnell vom Baum stibitzt, weil er einfach zum Anbeißen ausschaut – für Obstbauern vor allem in touristischen Regionen ein Ärgernis, das regelmäßig vorkommt. Doch es gebe auch Fälle, wo dreiste Diebe ganze Kisten an Äpfeln von den Bäumen holen und mit dem Auto wegfahren, erzählt Thomas Riehl vom Verein Fränkische Obstbauern in Kitzingen.

Großangelegter Obstdiebstahl ist zwar eher die Ausnahme. Doch für die Betriebe ist der Schaden immens. „Neulich wurde ein ganzer Weinberg leer gemacht“, berichtet Kathrin Walter vom Landesverband Erwerbsobstbau Baden-Württemberg (LVEO) in Stuttgart. Das seien geplante Aktionen, bei denen Kriminelle in eher abgelegenen Gebieten nachts mit Transportfahrzeugen vorführen.

Der Ausflugsverkehr in der Coronapandemie hat das Problem verschärft

So waren im Juni nach Einschätzung der Polizei mehrere Täter mit landwirtschaftlichen Kenntnissen auf einer Obstwiese in Freiburg am Werk, um 900 Kilo Kirschen zu stehlen. Auch auf einem Spargelfeld in Südhessen müssen es den Ermittlern zufolge Profis gewesen sein, die dort im Frühjahr 300 Kilo Spargel aus der Erde holten: Sie stachen den Spargel nicht nur korrekt, sondern schlossen auch die Löcher anschließend wieder.

Wie groß das Problem Obstdiebstahl ist, können die Erzeugerverbände nur schätzen. Denn erst bei größeren Fällen erstatten die Betriebe tatsächlich Anzeige. Bei der Polizei werde das aber statistisch nicht einzeln erfasst, sondern generell unter Diebstahl oder Einbruch, erläutert ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken, das mit dem Knoblauchsland zwischen Nürnberg und Erlangen eines der größten bayerischen Gemüseanbaugebiete in seiner Zuständigkeit hat.

Obstbauern in Baden-Württemberg berichteten immer häufiger davon, dass sich Menschen einfach an ihren Bäumen, Erdbeerfeldern oder Weinbergen bedienen, sagt LVEO-Geschäftsführerin Walter. Ihrer Ansicht nach könnte das mit der Corona-Pandemie zusammenhängen, weil dadurch mehr Menschen in der Natur unterwegs seien. Betroffen seien vor allem Flächen an Radwegen.

Besonders touristisch beliebte Regionen betroffen

In Bayern gilt das zum Beispiel für die Mainschleife zwischen Kitzingen und Schweinfurt. Dort seien die Obstanlagen sehr klein parzelliert und nicht eingezäunt, sagt Stefan Kirchner von der Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim. „Bei gleichzeitig hoher touristischer Frequenz kann das dann überhand nehmen.“

Ähnlich ist es in der Urlaubsregion am Bodensee, wo sich mit 9000 Hektar eines der größten Anbaugebiete für Kernobst in Deutschland befindet. „Entlang des Sees mit vielen Rad- und Spazierwegen und entsprechend vielen Passanten ist es stärker ausgeprägt als im Hinterland“, sagt Manuela Heinrich, Geschäftsführerin der Obst vom Bodensee Marketing GmbH in Friedrichshafen. „Oft ist das ein spontaner Impuls, weil ein Apfel so lecker aussieht.“ Es komme aber auch vor, dass Leute tütenweise Obst mitnehmen.

Dabei ist es schon eine Straftat, wenn man nur einen Apfel ohne Erlaubnis pflückt. In der Bevölkerung halte sich jedoch hartnäckig die Ansicht, dass Mundraub ein Kavaliersdelikt sei, sagt Riehl. Im deutschen Strafrecht sei der Begriff aber seit 1975 abgeschafft – und damit ein Diebstahl wie jeder andere.

Rote oder grüne Äpfel – was ist eigentlich gesünder? (19669)

Wenn Obstbauern Menschen beim Obstklau ertappten und darauf hinwiesen, reagierten diese aber oft uneinsichtig, sagt Riehl. Dabei gibt es vielerorts in Deutschland die Möglichkeit, legal Mundraub zu begehen. Auf der Webseite Mundraub.org können Kommunen und private Besitzer Bäume und Sträucher registrieren lassen, die andere gerne abernten dürfen. An vielen Obstbäumen hängt zurzeit auch ein gelbes Band, das ebenfalls signalisiert: Hier darf man sich bedienen.

Der Landkreis Esslingen hat für die Idee im vergangenen Jahr den Bundespreis „Zu gut für die Tonne!“ gewonnen und auch andere Kommunen dadurch inspiriert. Der Landkreis Ansbach in Mittelfranken markiert dieses Jahr zum zweiten Mal die Obstbäume auf Ausgleichsflächen und entlang der Kreisstraßen. „Wir wollen damit zeigen, dass Streuobstbestände wertvoll sind“, sagt Sprecher Fabian Hähnlein. So wertvoll, dass sich deren Erhalt lohne – obwohl es für den Landkreis logistisch nicht machbar sei, alle Bäume abzuernten und die Früchte zu verarbeiten.

Ob die gelben Bänder dazu beitragen, dass im gewerblichen Obstanbau weniger gestohlen wird, bezweifeln die Fachleute allerdings. Der Hinweis, dass sich zum Beispiel in 15 Kilometern ein Baum mit einem gelben Band befinde, stimme wohl weder Gelegenheits- noch professionelle Obstdiebe um, meint Manuela Heinrich.

Vielen Betrieben bliebt daher nur, die Plantage einzäunen – falls es in dem Gebiet überhaupt erlaubt ist. Und wenn nicht? Dann bleibe nur noch zu hoffen, dass keine größeren Mengen Obst abhanden kommen, sagt Walter.

Nachrichtenquelle: geo.de

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