Neue Metastudie: Wissenschaftler untersuchen häufiger prachtvolle als unscheinbare Pflanzen

Blüht eine Pflanze besonders farbenfroh und auffällig, hat sie größere Chancen, in wissenschaftlichen Studien genannt zu werden. Ob sie besonders relevant für ein Ökosystem ist oder gar vom Aussterben bedroht, spielt eine eher nachgeordnete Rolle. Das behaupten Wissenschaftler, die 280 Studien zu Alpenblühern analysiert haben

Wenn Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen entscheiden, welche Pflanzen sie in ihren Studien untersuchen, dann spielen nicht nur Kriterien wie deren Wichtigkeit für das Ökosystem oder die Seltenheit ihrer Art eine Rolle. Sondern auch, wie schön und extravagant die Pflanze aussieht. So werden Pflanzen, die höher wachsen und in auffälligen Farben blühen, häufiger untersucht als kleinere, unscheinbare Nachbarn.

Zumindest geht das aus den Daten einer im Fachmagazin Nature Plants veröffentlichten Metastudie hervor. Wissenschaftler der Universität Turin konzentrierten sich auf 113 Blütenpflanzen, die besonders typisch für die Alpenregion sind und untersuchten 280 wissenschaftliche Arbeiten, die seit 1975 zu diesen Pflanzen erschienen sind. Sie untersuchten, wie die Autorinnen und Autoren der Studien begründeten, warum sie welche Alpenblüher in den Fokus ihrer Studien gerückt haben.

Demnach sei die äußerliche Erscheinung einer Pflanze das häufigste Kriterium, um wissenschaftliches Forschungsinteresse zu legitimieren: ihre Farbe, die Größe der Blüten, die Höhe des Stängels. Faktoren wie die ökologische Relevanz der Art, ihre Seltenheit oder Häufigkeit spielten eine eher nachgeordnete Rolle.

Blaue Blüten ziehen die Wissenschaft besonders an

Pflanzen, die blaue Blüten hervorbringen, hatten demnach die größte Chance, unter die Lupe genommen zu werden. Auch weiße und rote Blüten ziehen wohl nicht nur Bienen, sondern auch Wissenschaftler an – zumindest häufiger als braune und grüne Blüten, die sich weitaus weniger von ihrem Hintergrund abheben.

Ein solche Voreingenommenheit in der Auswahl der Studienobjekte habe ungewollte und oft unsichtbare Effekte für die Forschung, schreiben die Turiner Wissenschaftler. Sie manifestiere sich in einem „ästhetischen Bias“ derjenigen Daten, die die Grundlage für wichtige Forschungsarbeiten darstellen.

Ob es interne Arbeitsabläufe und Mechanismen des Wissenschaftsbetriebs sind, die Forschung mit auffälligen Pflanzen besonders fördern oder ob die menschliche – und damit auch wissenschaftliche – Aufmerksamkeit schon aus evolutionären Gründen eher auf bunte, farbenprächtige Objekte in der Umwelt gelenkt wird, kann die Turiner Studie nicht klären. Trotzdem betonen die Autoren, wie wichtig es ist, zu wissen, dass manche Teile unserer Umwelt häufiger untersucht werden als andere – auch um diesem Trend gegebenenfalls entgegenwirken zu können.

Nachrichtenquelle: geo.de

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