Glyphosat und Co.: Über Gesteinsrisse gelangen Schadstoffe schnell ins Grundwasser

Grundwasser ist in vielen Gegenden der wichtigste Lieferant von Trinkwasser. Verschmutzungen der Ressource bedrohen damit auch die Gesundheit der Menschen. Die Gefahr ist nicht überall gleich groß.

Risse in Kalkstein können dazu führen, dass Oberflächenwasser schnell ins Grundwasser gelangt – und damit auch Schadstoffe aus der Landwirtschaft. Eine internationale Forschergruppe hat in einem Computermodell durchgerechnet, was das für einzelne Regionen bedeutet. So kann im Einzelfall der Anteil des Unkrautbekämpfungsmittels Glyphosat im Grundwasser 19-mal so hoch sein wie von der EU zugelassen. Die Studie des Teams um Andreas Hartmann von der Universität Freiburg ist im Fachjournal «Proceedings of the National Academy of Sciences» («PNAS») erschienen.

Grundwasser sichert die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser in vielen Regionen der Welt. Werden die Grundwasservorräte durch verschmutztes Oberflächenwasser aufgefüllt, gefährdert dies die Gesundheit von Mensch und Umwelt. Diese Gefahr sei besonders groß, wenn das Oberflächenwasser sehr schnell durch Gesteinsrisse ins Grundwasser gelangt, schreiben die Forscher. Dann könne es noch Schadstoffe enthalten, die beim langsamen Durchsickern durch das Gestein längst abgelagert oder zerfallen wären. Das Problem sei bislang allerdings nicht gut untersucht. «Bisherige großangelegte Studien zur Wassersicherheit konzentrierten sich hauptsächlich auf die Wassermenge und nicht auf die Wasserqualität», schreiben die Wissenschaftler.

Die Forscher untersuchten drei Beispielschadstoffe

Sie erstellten nun ein Computerprogramm, in dem für Europa, den Mittleren Osten und Nordafrika die Regionen mit Kalkstein ausgewiesen sind. Das Modell berücksichtig die physikalischen Eigenschaften und die Dynamik beim Auffüllen des Grundwassers. Die Ergebnisse der Simulationen glichen die Forscher ab mit Messdaten von Wasser aus Kalksteinquellen und mit Grundwassermessdaten zu Glyphosat aus den USA.

Die Daten zeigen, dass beim langsamen Durchsickern durchschnittlich weniger als ein Prozent der Schadstoffe im Grundwasser ankommen. Beim schnellen Wasserfluss durch Felsritzen können es hingegen bis zu 50 Prozent sein. Bei ihrer Analyse unterschieden die Wissenschaftler vier klimatische Bedingungen: feuchtes Klima, Bergklima, Mittelmeerklima und Wüstenklima. Sie untersuchten drei Beispielschadstoffe:

  • den Unkrautvernichter Glyphosat
  • Salinomycin, ein Wirkstoff, der vor allem in der Tiermedizin eingesetzt wird und der über Mist als Dünger in den Boden gelangt
  • Escherichia coli-Bakterien, also Darmbakterien, die Krankheiten hervorrufen können.

Den höchsten Anteil im Grundwasser hatten alle drei betrachteten Schadstoffe den Simulationen zufolge im Mittelmeerraum, «wo dünne Böden oder der direkte Aufschluss von nackten Gesteinen an der Oberfläche einen schnellen Transport von Schadstoffen ins Grundwasser begünstigen», schreiben die Forscher.

Ergebnisse sollten als erste Schätzung und Worst-Case-Szenarien betrachtet werden

Bei seinen Berechnungen berücksichtigte das Team um Hartmann die Halbwertszeiten der Schadstoffe: Salinomycin ist nach zehn Tagen zur Hälfte abgebaut, Glyphosat nach 25 Tagen. E. coli-Bakterien, die sowohl im menschlichen also auch tierischen Darm zu finden sind, können etwa 60 Tage in der Umwelt überleben. Im Durchschnitt aller untersuchten Kalksteinregionen verblieben in den Simulationen 9,9 Prozent Salinomycin, 15,5 Prozent Glyphosat und 33,1 Prozent E. coli im neu gebildeten Grundwasser, wenn das Oberflächenwasser durch Gesteinsrisse schnell abgeflossen war.

Bei anhaltender Intensivierung der Landwirtschaft und wachsender Weltbevölkerung könnten zukünftig mehr Schadstoffe ins Grundwasser gelangen und «zu einer erheblichen und allgegenwärtigen Grundwasserverschmutzung führen», schreiben die Forscher. Sie schränken ein, dass der Schadstoff-Anteil im Grundwasser sinken könne, bevor dieses etwa in die Wasserversorgung eingespeist werde, etwa durch Verdünnung mit unbelastetem Wasser, den Abbau der Schadstoff während langer Verweilzeiten oder durch die Ablagerung der Schadstoffe. Die Ergebnisse sollten deshalb als erste Schätzung und Worst-Case-Szenarien in betroffenen Regionen betrachtet werden.

Nachrichtenquelle: geo.de

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