Medizin im Alter: Wechselwirkungen von Medikamenten: Wirken alle Präparate, wie sie sollen?

Mit der Anzahl der eingenommenen Arzneimittel steigt die Wahrscheinlichkeit von Unverträglichkeiten. Vor allem ältere Menschen spüren mögliche Folgen – und sollten das nicht einfach hinnehmen

Etwas für das Herz, etwas gegen die Schmerzen und auch noch das Schlafmittel: Insbesondere Seniorinnen und Senioren schlucken oft mehrere Medikamente am Tag, um gesundheitliche Probleme in den Griff zu bekommen. Das kann unerwünschte Folgen haben.“Rund 30 bis 60 Prozent der über 80-Jährigen haben Nebenwirkungen durch Arzneimittel“, schätzt Professor Martin Wehling, Polymedikationsforscher und Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie Mannheim, das zur Universität Heidelberg gehört.

Die Häufung der Nebenwirkungen bei den Älteren hat nach seinen Angaben oft einen strukturellen Grund: Arzneimittel werden in den meisten Fällen vor allem an jungen Menschen getestet, wie der Experte sagt. Diese können mögliche Nebenwirkungen im Vergleich noch deutlich besser wegstecken. „Im Gegensatz dazu haben Senioren aber veränderte Stoffwechsel und sind viel empfänglicher für negative Folgen.“ Zwar beeinflussen sich Arzneimittel manchmal auch gegenseitig. „Es kann passieren, dass ein Medikament durch ein anderes möglicherweise schlechter abgebaut werden kann – aber das ist das geringste Problem bei Polymedikation“, so Wehling. Das Hauptproblem ist laut dem Experten ein anderes – nämlich: Je mehr Medikamente eingenommen werden, desto wahrscheinlicher wird die Unverträglichkeit gegen eines oder mehrere.

Der Körper kann vergiften

Diese Unverträglichkeiten zeigen sich zum Beispiel häufig in Verwirrtheitszuständen oder in einem beeinträchtigten Denk- und Merkvermögen. Auch Nierenprobleme und Blutungen im Magen-Darm-Trakt können ein Hinweis sein. „Die Organe der älteren Patienten werden immer klappriger“, sagt Wehling. „Und dafür nehmen sie immer mehr Arzneimittel, die sie immer schlechter vertragen“. Das vergiftet den Körper regelrecht. „Man hört oft: „Er hat nach kurzer Zeit so abgebaut!“ oder: „Sie war plötzlich ganz verwirrt!“, sagt Wehling. Dabei könne es sein, dass das jeweilige Medikament zwar an sich sehr gut ist – für Senioren jedoch einfach nicht geeignet ist. An der Stelle sind auch die Patientin oder der Patient gefragt.

Man sollte wachsam sein und auf seinen Zustand achten. Tut das Medikament das, was es soll? Fühlt man sich besser, oder vielleicht schlechter? Bei Letztgenanntem sollte die Ärztin oder der Arzt nachjustieren. Dabei sollten sich Ältere nicht vertrösten lassen. „Es geht nicht, dass ein Arzt sagt: „Komm im nächsten Quartal wieder!“, so Wehling. „Wenn er etwas verschrieben hat, muss er auch überprüfen, ob es wirkt oder schadet.“ Die Überwachung der Therapie sei einer der wichtigsten Punkte der ärztlichen Betreuung.

Vorbereitung auf den Arztbesuch

Patientinnen und Patienten, die sich angesprochen fühlen, können sich auf den nächsten Arztbesuch vorbereiten. Dafür gibt es Hilfe: „Wir haben in einer Liste die gängigsten verschriebenen Medikamente aufgezählt – und bessere direkt empfohlen“, so Wehling. Der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin kann mit dieser sogenannten „Forta“-Liste direkt feststellen, ob ein Medikament für Senioren gut oder weniger gut geeignet ist. Das hilft ihnen bei der Abwägung von Nutzen und Risiko. Die Liste gibt es online oder als Mobile-App für iOS und Android. „Es geht auch meistens nicht um die Zahl der Medikamente, die man einnimmt, sondern um ihre Qualität“, sagt Wehling. Auf keinen Fall sollte man selbst an seinem Medikationsplan herumdoktern.

Nachrichtenquelle: geo.de

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